Geisenfeld
"System basierend auf Angst und Druck"

Vater eines früheren Domspatzen aus dem Raum Pfaffenhofen stellt seine Sicht dar

12.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:12 Uhr

Geisenfeld (kog) Acht Jahre lang ist der Geisenfelder Peter Lutz ein Regensburger Domspatz gewesen, und er hat diese Zeit als "bereichernde Erfahrung" erlebt. Den ausführlichen GZ-Artikel über den 17-Jährigen vom 28. Januar hat auch Timo Z. (Name geändert) aus dem Raum Pfaffenhofen gelesen. "Ich glaube dem jungen Mann das", sagt Timo Z., der der Redaktion bekannt ist, aber lieber anonym bleiben möchte. Auf den GZ-Artikel hin gemeldet hat er sich, "weil ich einfach darüber informieren will, dass nicht jeder die Zeit bei den Domspatzen so positiv empfindet wie Peter Lutz".

Der Sohn von Timo Z., Daniel (Name ebenfalls geändert), war von 2011 bis 2013 ein Domspatz und verbrachte seine fünfte und sechste Schulklasse in deren Internat. Bis die Familie Daniel von der Schule nahm, "weil ihn das dort vorherrschende Erziehungssystem basierend auf Angst und psychischem Druck sehr belastet hat".

Timo Z. meint nicht die musikalische Ausbildung, "die ist hochwertig", sondern das pädagogische Konzept, das nach seinen Erfahrungen "nicht top-modern, wie behauptet, sondern eher von vorgestern" sei. Was vielleicht auch daran liege, dass im Internat viele ehemalige Domspatzen als Erzieher fungieren, "und die haben es wohl nicht anders gelernt".

Da komme es dann schon vor, so Timo Z., "dass einzelne Schüler vom Präfekten vor der ganzen Klasse bloßgestellt werden oder man Strafstunden leisten muss, wenn man ein paar Minuten nach 21 Uhr noch nicht im Bett liegt".

"Klare Ansagen" vonseiten der Ausbilder gebe es auch, wenn ein Tag der offenen Tür ansteht und interessierte Eltern von Schülern durchs Haus geführt werden. "Ein negatives Wort über das Internat und es gibt großen Ärger", habe es da immer geheißen, weiß Timo Z. aus den Erzählungen seines Sohnes.

Dieser sei ob seiner Erlebnisse oft sehr gedrückt gewesen, und natürlich, so Timo Z., habe man versucht, mit den Erziehern darüber zu sprechen. "Aber da wurde man dann als hysterisch" hingestellt. Den letztendlichen Ausschlag, Daniel vom Domspatzen-Gymnasium zu nehmen, habe dann folgende Aussage seines Sohnes gegeben: "Papa, ich halte es schon aus, aber meine eigenen Kinder würde ich da nicht hinschicken."

Ist Daniel aber vielleicht ein Einzelfall, ein besonders empfindliches Kind? Davon, so Timo Z., könne keine Rede sein. Im selben Jahr, in dem Daniel den Domspatzen den Rücken gekehrt hat, habe es Dutzende an weiteren außerplanmäßigen Abgängen gegeben. "Das sagt doch was aus, oder"

Daniel ist seitdem wieder ein unbeschwerter Jugendlicher, sagt Timo Z. "Musik ist immer noch seine ganz große Leidenschaft" - die er jetzt im musischen Zweig eines anderen Gymnasiums auslebt.