Geisenfeld
Funktional, lehrreich und kostenlos

Von Lernsoftware des "Tölzer Modells" wird rege Gebrauch gemacht Großmehringer Gäste begeistert

27.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:45 Uhr

Foto: DK

Geisenfeld (GZ) Deutsche Sprache - schwere Sprache. Den Flüchtlingen, die vor den Laptops im Computerraum des Jugendzentrums sitzen, ist die Konzentration ins Gesicht geschrieben. Insgesamt sind es bis zu 30 hiesige Asylbewerber, die hier mit dem "Tölzer Modell" Deutsch lernen.

Jeden Montagnachmittag von 15 bis 18 Uhr - außerhalb der regulären Öffnungszeiten des Jugendzentrums - stehen die sechs Lern-PCs der Öffentlichkeit zur Verfügung. Und damit auch den in Geisenfeld untergebrachten Flüchtlingen.

Die Internetzugänge wurden von der Stadt eingerichtet, die Laptops bekam man - auf Initiative von Henriette Staudter - von der Firma Audi gespendet. Allerdings war die Hardware quasi "nackt", alle Geräte mussten erst mit Betriebssystem und Browser ausgestattet werden. Das Erlernen einer Sprache funktioniert jedoch nicht nur über das Lesen und Schreiben. Damit darüber hinaus die Audiodateien der Programme nutzbar sind, wurden mit Hilfe des Bürgerrings zudem Headsets mit integriertem Mikrofon angeschafft.

Vorbild für das Geisenfelder Angebot ist, wie berichtet, ein Modell, wie es auf Initiative der Diplom-Mathematikerin Waltraud Haase in Bad Tölz entwickelt wurde. Das Besondere an der vom Integrationsausschuss des Landtages unterstützten Lerninitiative ist es, dass diese Form der internetbasierten Weiterbildung Flüchtlingen und deutschen Schülern gleichermaßen dienlich sein kann.

Wer im Jugendzentrum einen der Laptops zum Deutsch Lernen nutzen will, der wendet sich an einen von fünf Geisenfelder Asylhelfern, die sich während der Öffnungszeiten mit der Betreuung vor Ort abwechseln. Mit Eingabe des Passwortes macht der Helfer den Laptop nutzbar, und dann landet man automatisch auf der Homepage von Asyl plus. Von hier ist das System dann quasi selbstführend, und man kann ausgehend von 50 unterschiedlichen Muttersprachen Deutsch lernen. Zudem gibt es spezielle Trainingseinheiten für Lehrlinge, aber auch Landes- und Verfassungskunde, Mathematik und Sachkunde gehören zu den angebotenen Lerninhalten. Zum Surfen sind die Laptops im Übrigen nicht nutzbar. Außer der Homepage von Asyl plus und der über diese freigeschalteten Online-Akademie sind alle anderen Seiten geblockt.

Wenn es mal hakt, helfen die Betreuer wie Peter Geyer gerne mal weiter. Einem der an diesem Tag gerade anwesenden Flüchtlinge ist der Unterschied zwischen "stehen" und "stellen" nicht klar. Peter Geyer erläutert es ihm in möglichst einfachen Worten.

Der 21-jährige Zameer aus Pakistan, der in Engelbrechtsmünster wohnt und der sich seit 14 Monaten in Deutschland aufhält, ist da schon ein wenig weiter. Er ist nicht nur Stammgast im Computerraum des Jugendzentrums, sondern besucht auch einen der Sprachkurse, die der Geisenfelder Asylkreis im Pfarrheim anbietet. Genauso wie Zameer findet auch dessen Landsmann, der 30-jährige Asfhag, die Lernsoftware "super". Sie sei "total einfach zu bedienen", und gerade das Hören der deutschen Wörter mache das Lernen viel leichter, sagt er.

Gerade am frühen Abend, so erzählt Peter Geyer, seien nicht selten alles sechs Lernplätze belegt. Vielleicht könne man in Zukunft ja noch den Samstagnachmittag dazu nehmen, heißt es aus dem Asylkreis. Doch vorher gelte es abzuklären, was das Jugendzentrum selbst an diesem Wochentag an Aktionen plane. Und außerdem sei dies auch vom zur Verfügung stehenden Betreuungspersonal abhängig. Je mehr Betreuer sich für diese Aufgabe finden, desto besser könne das Zeitkontingent im Jugendtreff genutzt werden. "Wir freuen uns über jeden, der sich ein oder zwei Stunden pro Woche einbringen mag", lässt der Asylkreis wissen. Besondere Kenntnisse muss man für die Aufgabe nicht mitbringen. Interessenten können sich per E-Mail an info@pfarrei-geisenfeld.de melden.

Prinzipiell auch während der gesamten Öffnungszeiten des Jugendzentrums nutzbar sind die Lern-Laptops für alle Interessenten bis 21 Jahre - also nicht nur von Flüchtlingen und Migranten in dieser Altersgruppe. Schließlich hilft die Software - auf die man von jedem ans Internet angeschlossenen PC Zugriff hat - auch etwa beim Erlernen von Englisch, ausgehend von der Muttersprache Deutsch. "Die Nutzung durch die Jugendlichen ist aber erst am Anlaufen", lässt Anja Jänicke als Leiterin des Jugendzentrums wissen. "Da müssen wir uns demnächst noch eine kleine Einführung geben lassen."

Eine solche schon bekommen hat unlängst eine Besuchergruppe des Asylhelferkreises Großmehring. Durch einen Bericht in unserer Zeitung auf das Tölzer Modell aufmerksam geworden, machten sich aus Großmehring Gerhard Geßler und Simon Michelke auf den Weg nach Geisenfeld, um sich die kostenlose Lernsoftware erläutern zu lassen. Die Gäste zeigten sich überrascht, wie einfach, aber dennoch effektiv das Modell zum Einsatz gebracht werden kann. "Das führen wir auch ein", meinte Gerhard Geßler am Ende der rund einstündigen Präsentation, bei der auch Manfred Meixensberger als städtischer Referent für Integration dabei war. Die Software werde auch in Großmehring eine optimale Ergänzung zum auch dort angebotenen Deutschunterricht darstellen.