Geisenfeld
Die Legende vom Holzbohrkäfer

Feilenmoos und Nöttinger Viehweide sollen in europäischen Biotopverbund aufgenommen werden

27.05.2014 | Stand 02.12.2020, 22:38 Uhr

Jede Menge Totholz bildet in der Nöttinger Viehweide einen idealen Lebensraum für zahlreiche Käferarten. Trotzdem kann auch hier nicht alles überleben – wie die Holzbohrkäferlegende zeigt - Foto: Zablowsky

Geisenfeld (GZ) Der Aufbau eines europaweiten Biotopverbundes betrifft auch Geisenfeld und seine Schutzgebiete. Deutlich wurde dies bei der Auftaktveranstaltung zur Erarbeitung eines entsprechenden Managementplanes.

Dieser wird für das sogenannte Projekt „Europäisches Naturerbe Natura 2000: Feilenmoos mit Nöttinger Viehweide“ aufgestellt. Im Geisenfelder Rathaus wurden die interessanten Pläne nun vorgestellt.

\tWas ist Natura 2000 eigentlich? Regierungsdirektor Elmar Wenisch, bei der Regierung von Oberbayern in führender Position für die Belange des Naturschutzes zuständig, erklärte den Zuhörern ausführlich die Einzelheiten. In den europäischen Staaten soll die biologische Vielfalt der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Pflanzen und Tiere aufrechterhalten werden. Dafür erforderlich sind eine genaue Kartierung und Beschreibung dieser Lebensräume – sowie die Erfassung der dort lebenden Pflanzen und Tiere. Die Grundlagen dieses europäischen Biotopverbundnetzes sind die schon 1979 erlassene Vogelschutz-Richtlinie und die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie von 1992. Der Schutz wichtiger Biotope, sagte Wenisch, sei auch dringend erforderlich. Denn speziell in Bayern sei der Artenschwund längst nicht gestoppt. Zudem werde täglich eine Fläche von 18 Hektar versiegelt. Für die Umsetzung dieser Schutzmaßnahmen seien ein exakter Managementplan und eine ausführliche Kartierung unerlässlich.

\tNach einem kurzen Referat von Regierungsrätin Anita Engelniederhammer über die Entstehung und die Geschichte von Feilenmoos und Nöttinger Viehweide beschrieb Forstoberrat Hans-Jürgen Hirschfelder die Kartierungsmaßnahmen und die besonders schützenswerten Biotope in diesem Gebiet. Dabei ging er auch auf besondere Tier- und Pflanzenarten ein, die andernorts bedroht sind, in der Viehweide aber üppig gedeihen.

Wie Hirschfelder ausführte, ist die Nöttinger Viehweide mit ihren uralten Eichen und reichen Totholzvorkommen eigentlich ein idealer Lebensraum für den Hirschkäfer, dessen Larven sich fünf bis sieben Jahre lang in vermoderndem Eichenholz entwickeln. Allerdings gebe es keinerlei Hinweise darauf, dass die größte heimische Käferart hier vorkomme oder jemals vorgekommen sei.

Der Frauenschuh, die wohl schönste heimische Orchideenart, wächst im Feilenmoos allerdings tatsächlich. Leider werden die früher reichhaltigen Bestände der streng geschützten Pflanze aber immer weiter dezimiert, weil „Naturfreunde“ einzelne Exemplare ausgraben und daheim einpflanzen, wo die hochempfindliche Orchidee keinerlei Überlebenschancen hat.

Vor etwa 30 Jahren gab es Gerüchte über das Vorkommen eines gut fingerlangen Holzbohrkäfers, der eigentlich in Südeuropa heimisch ist. Tatsächlich findet man an einer der größten Eichen in der Nöttinger Viehweide heute noch riesige Bohrlöcher von dessen Larven. Die Wahrheit: Ein Insektenhändler hatte die Käfer heimlich an dieser Eiche ausgesetzt, um die Nachkommen dann teuer verkaufen zu können. Die Tiere scheinen die harten bayerischen Winter aber nicht überstanden zu haben.

\tBei der anschließenden Diskussion übte Altlandrat Rudi Engelhardt (CSU) als Vertreter der Jägerschaft grundsätzliche Kritik an „kleinteiligen Lösungen“ und regte an, den 400 Hektar umfassenden, in staatlichem Besitz befindlichen Bereich nördlich der Nöttinger Heide mit aufzunehmen. Vor gut 50 Jahren seien dort Hunderte uralter Eichen gefällt und Nadelbäume angepflanzt worden, was der Artenvielfalt stark geschadet habe.

Vogelschützer Professor Hans-Joachim Leppelsack mahnte an, die fortwirtschaftliche Nutzung einiger Bereiche einzuschränken oder ganz einzustellen. Dies sei wichtig für den Schutz mancher Vogelarten, deren Vorkommen deutlich zurückgegangen seien.