Eisenkraut - uraltes Heilkraut

PK-Serie: Dagegen ist ein Kraut gewachsen

18.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:38 Uhr

Das Echte Eisenkraut macht sich erst im Hochsommer mit dem Erscheinen der blassen, zartlila Blüten bemerkbar. Diese sitzen an nahezu jedem Zweigende und wirken im Licht der Abenddämmerung wie kleine Flammen. Als Heilpflanze ist es vielen unbekannt und der Name wird häufig mit dem Duftenden Eisenkraut (Zitronenverbene), aus dem ein erfrischender Tee zubereitet werden kann, verwechselt.

Als Tee ist das Echte Eisenkraut eher gewöhnungsbedürftig, weil bitter. Dennoch ist es seit der Antike eine der wichtigsten Pflanzen der Heilkunde und der Kräutermagie.

Aus ihren Stängeln und Zweigen wurden geweihte Kränze geflochten, die von den Gesandten getragen wurden - und sie war immer dabei, wenn Verträge ausgehandelt und geschlossen wurden. Kräuterhexen unserer Zeit tragen das Diplomatenkraut, wie das Eisenkraut auch heißt, immer mit sich, wenn es darum geht, mit diplomatischem Geschick in Vorstellungsgespräche, Vertrags- oder Gerichtsverhandlungen zu gehen. Plinius beschreibt für die "Heilige Pflanze" unzählige Anwendungen, wie etwa das rituelle Abfegen des Jupiteraltars, das Reinigen von Häusern, die Verwendung zum Wahrsagen und das Bereiten von Liebestränken.

Da im Eisenkraut kein Eisen enthalten ist, kommt der Name vermutlich daher, dass es lange Zeit beim Verhüttungsprozess zur Härtung des Stahls zugesetzt wurde. Ebenso diente es zur Versorgung von Hieb- und Stichwunden.

Im Mittelalter wurde die Pflanze in vielen Kulturen Europas hoch verehrt und galt nahezu als Allheilmittel für sämtliche Organe des Unterleibs, für die Lunge und gegen Kopfschmerzen. Bei Hildegard von Bingen findet man Eisenkraut-Rezepte gegen Schwellungen des Halses, faulige Geschwüre, Gelbsucht und eitrige Zahnherde.

Wegen der wehenfördernden Wirkung soll es in der Schwangerschaft nicht verwendet werden, ist aber gerade deswegen von Hebammen als mildes Mittel zur Geburtseinleitung geschätzt. In der Bachblütentherapie heißt es "Vervain". Es soll Menschen helfen, die aufgrund von Übereifer nicht nur ihr Umfeld überfordern, sondern auch Raubbau mit ihren eigenen Kräften betreiben.

Vor etwa 80 Jahren wurde dieses unscheinbare Kräutlein schließlich sogar Rezeptur-Bestandteil eines immer noch modernen, pflanzlichen Arzneimittels, das zum Schleimlösen und gegen Entzündungen der Nebenhöhlen verwendet wird.

 

Mein Tipp

Schleimlösender Tee für Bronchien und Nebenhöhlen: Je zehn Gramm Eisenkraut, Thymian, Holunderblüten, Schlüsselblumenblüten und Pfefferminze mischen und davon zwei Teelöffel voll mit einer großen Tasse heißem Wasser übergießen, zehn Minuten ziehen lassen und schluckweise trinken. Zwei bis drei Tassen täglich, nicht länger als eine Woche - und nicht in der Schwangerschaft.

 

Zum Autor: Roland Andre ist ein Pfaffenhofener Apotheker, für den die Naturheilkunde zur Leidenschaft geworden ist. Für seine Tipps können weder der Verlag noch der Autor eine Wirkgarantie oder eine Haftung übernehmen.