Tiefgaragen als Atombunker: Bedingt einsatzbereit

30.01.2009 | Stand 03.12.2020, 5:14 Uhr

Knapp eine Million Toilettenbeutel lagern in Kartons verpackt in einem Abstellraum der Fürstgarten-Tiefgarage.

Neuburg (DK) Um an Fördermittel des Bundes zu kommen, wurden die Tiefgaragen am Schrannenplatz und am Fürstgarten in den 80er Jahren zusätzlich als Atombunker konzipiert. Doch seit über drei Jahren fließt kein Geld mehr für den Erhalt der Anlagen, und die Einrichtung rottet langsam vor sich hin.

In den 80er Jahren hatten clevere Kommunalpolitiker im wahrsten Sinne des Wortes eine Bombenidee: Um an Fördermittel des Bundes zu gelangen sollten die geplanten Tiefgaragen am Schrannenplatz und am Fürstgarten zugleich als Atomschutzbunker dienen. Denn zu Zeiten des Kalten Krieges gab es ordentliche Zuschüsse zum Bunkerbau. Insgesamt 3,3 Millionen D-Mark Zuschuss zu den Baukosten von 11,8 Millionen für die beiden Garagen wurden so eingestrichen. Der Ernstfall trat glücklicherweise nie ein. Denn ob die beiden Bunkeranlagen jemals ihren Zweck erfüllt hätten ist mehr als fraglich.

"Bei einem wirklichen Atom-Angriff hätte es Mord und Totschlag hier unten gegeben", glaubt der Verwalter der Anlage Helmut Birk. Insgesamt bieten die beiden Schutzräume nämlich nur Platz für etwas mehr als 2500 Menschen. Die restlichen Neuburger wären dem Atomschlag schutzlos ausgeliefert gewesen. Zweifelhaft ist sowieso, ob es den Schutzsuchenden unten im Bunker wesentlich besser ergangen wäre als ihren Kollegen an der Erdoberfläche, denn aus technischer Sicht sind die Einrichtungen ziemliche Fehlkonstruktionen.

Druckluftprobe im Winter

So erinnert sich Birk an eine Druckluftprobe in der Schrannenplatz-Tiefgarage Ende der 80er Jahre. Mitten im Winter sollte damals überprüft werden, ob der Bunker auch wirklich dicht ist. Dabei stieg die Temperatur in der Garage schnell auf über 20 Grad an. "Und das bei Null Grad draußen. Stellen sie sich die Temperaturen vor, wenn noch über 600 Leute da unten wären."

Getränke- und Essensvorräte gibt es in keinem der beiden Bunker. Nahrung hätten die Schutzsuchenden selbst mitbringen müssen, genauso wie Klopapier. Nur für die dringendsten Bedürfnisse wurde vorgesorgt. In den Bunker-Lagerräumen warten, in Pappkartons verstaut, Not-Toiletten, die man in den Garagen mit Zwischenwänden aufgestellt hätte, seit Jahren auf ihren Einsatz. Dazu passend verstaubt daneben knapp eine Million schwarze Plastikbeutel, in denen die Hinterlassenschaften der Bunkerbewohner entsorgt werden sollten.

Im Fürstgarten-Bunker wäre heute kein Betrieb mehr möglich: Die Rollen mit deren Hilfe sich die tonnenschweren Schutztore schließen sollen, sind verrostet. "Wenn sie überhaupt zugingen, dann wohl nicht mehr auf", sagt Experte Birk. Ende 2005 wurden die Mittel für die Wartung gestrichen, seitdem rottet die veraltete Technik vor sich hin. Lediglich zwei Männer vom so genannten Schutzraumbetriebsdienst versuchen das Schlimmste notdürftig zu reparieren. Dabei handelt es sich um zwei junge Männer, die vom Wehrdienst befreit werden, weil sie sich für einige Jahre verpflichten, 60 Stunden pro Jahr den Bunker instand zu halten.

Seit Ende des Kalten Krieges und mit dem schwindenden Sinn der Bunker, fließen auch die Zuschüsse nur noch spärlich. Knapp 500 Euro gibt es vom Bund jährlich für den Erhalt: Gerade mal genug für minimale Reparaturarbeiten und einige Eimer Rostschutzfarbe. Höchstens einmal im Monat wird der 84 PS starke Mercedes-Benz-Dieselmotor angeworfen, der im Ernstfall das Notstromaggregat betreibt. Firmen für die enorm teure Wartung der Lüftungstechnik können schon seit Jahren nicht mehr bezahlt werden.

Inzwischen sind die maroden Bunkeranlagen ein Fass ohne Boden. Nach dem die Tiefgaragen beim Hochwasser 1999 meterhoch unter Wasser standen, wurde die Technik noch einmal für immerhin 180 000 Euro instand gesetzt. Und was eine Restaurierung der verrosteten Schutztore kosten würde, um den Fürstgarten-Bunker wieder annähernd betriebsfähig zu machen, darüber denkt man besser erst gar nicht nach.

"Als Lagerraum nutzen"

Doch was mit den Anlagen machen, die eigentlich keiner mehr braucht? "Die Betriebsräume könnten wir gut als Lagerräume benutzen", sagt Birk. Das Problem: Die Stadt kann nicht einfach den Bunkerbetrieb einstellen, sie hat sich mit den Zuschüssen zum Erhalt der Anlagen verpflichtet. Ansonsten müssten die geflossenen Fördergelder wieder zurückbezahlt werden.