Zwischen Salben, Pulvern und Tinkturen

Die ehemalige Klosterapotheke der Elisabethinerinnen erinnert heute noch an frühere Zeiten

21.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:47 Uhr
Generaloberin Maria Goretti präsentiert all die Überbleibsel aus der Vergangenheit der Klosterapotheke. −Foto: Hammerl, Andrea, Karlshuld(Grash

Neuburg (DK) Sie hat ein besonderes Flair, auch heute noch, obwohl die Klosterapotheke der Elisabethinerinnen schon viele Jahre nicht mehr in Betrieb ist. Dennoch ist sie immer noch eingerichtet wie damals, mit einem deckenhohen typischen Apothekerschrank mit unzähligen Schubladen und Glasvitrinen, in denen immer noch riesige alte Chemikaliengläser stehen.

Eben wie zu Zeiten der letzten Apothekenschwester Benigna, mit bürgerlichem Namen Maria Zach, geboren am 5. April 1907. Sie kümmerte sich bis kurz vor ihrem Tod im Jahr 1988 darum, dass Ordensschwestern und alle Stationen des Frauenkrankenhauses mit Medikamenten versorgt wurden. Allerdings war die Apotheke im Kloster in der Bahnhofsstraße zu dieser Zeit schon zur reinen Verteilapotheke geworden. Denn ab 1981 zwang eine Gesetzesänderung alle Krankenhäuser, ihre Medikamente über eine öffentlich zugelassene Apotheke zu beziehen.

 

Doch auch historisch war die Hausapotheke der Elisabethinerinnen eng mit der Apotheke der Barmherzigen Brüder verbunden. Zunächst aber nicht gerade im uneingeschränkt positiven Sinne. Die Klosterapotheke geht auf eine alte Tradition der Ordensschwestern zurück. Das hat Generaloberin Maria Goretti Böck in der Chronik gefunden. Es sei "Sitte und Gewohnheit, dass die Elisabethinerinnen überall eine eigene Hausapotheke unter Leitung einer oder mehrerer Schwestern für ihre Krankenhäuser halten, schon der Bequemlichkeit, dann auch des Kostenpunktes wegen", berichtet die Chronik. Daher versuchten die Ordensschwestern schon zu Beginn ihres Wirkens in Neuburg, eine eigene Hausapotheke aufzubauen. Was ihnen aber nicht so leicht gelang, da es bereits zwei öffentliche Apotheken in der Stadt gab - die Hofapotheke in der Oberen Stadt und die Apotheke der Barmherzigen Brüder. Besonders die Fratres misericordiae, allen voran der damalige Apotheker und Prior, hätten sich heftig dagegen gesträubt. Sie hatten Mindereinnahmen befürchtetet. Wieder war es die Wohltäterin der Elisabethinerinnen, die Kurfürstenwitwe Maria Leopoldine, die sie unterstützte. So wurde 1844, also vier Jahre, nachdem sich die Schwestern in Neuburg niedergelassen hatten, eine Hausapotheke genehmigt. Allerdings mit der Auflage, dass sie keine Medikamente nach auswärts abgeben und Apotheke wie Medikamente stets unter strenger Kontrolle des ordinierenden Hausarztes stehen sollten. Medikamente, die kompliziert in der Herstellung waren, sollten zudem aus der Apotheke der Barmherzigen Brüder bezogen werden.

Zunächst war die Klosterapotheke nahe des Hauptpforteneingangs im ersten Eckzimmer links untergebracht. Dann aber kam der Augsburger Regierungsdirektor Braunwärt im Jahre 1877 zur Visitation. Er nannte das "bisherige Apothekenlokal feucht und daher ungeeignet", weil die Rohstoffe für die Medikamente rasch verdürben. Es habe sich "ein Sturm gegen die Apotheke erhoben", berichtet die Chronik. Aber mit der Wahl eines neuen Raumes und "allen Bitten und Zusage der Erfüllung der auferlegten Bedingungen und Einschränkungen wurde die Hausapotheke schließlich weiterhin gnädigst geduldet". Schwester Benigna hatte sich in jungen Jahren mit Bestehen der "Prüfung vor der Kommission für die pharmazeutische Vorprüfung von Mittelfranken in Ansbach" im Jahr 1928 die Befugnis erworben, die Krankenhausapotheke der Elisabethinerinnen zu führen. Ausdrücklich ausgeschlossen allerdings war eine Tätigkeit als Apothekenassistentin in einer öffentlichen Apotheke. Auch in späteren Jahren bildete sie sich noch fort. So bewahrt Generaloberin Maria Goretti in den Unterlagen deren "Ausweis über die Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Tätigkeit einer medizinisch-technischen Assistentin" auf. Danach hat Schwester Benigna im April 1941 die Laboratoriumsschutzprüfung bestanden. Wie ihre Vorgängerinnen stellte auch sie zunächst noch selber Infusionslösungen, Augentropfen und Salben her.

Stationsapotheken wie heute gab es damals noch nicht - unter anderem aus Kostengründen. Sie waren auch nicht notwendig, denn Schwester Benigna war Tag und Nacht verfügbar. "Auch nachts konnte man sie jederzeit aus dem Bett holen", erinnert sich Nicolaus Weigl. Die Schwester muss eine besondere Persönlichkeit gewesen sein. Auf die verstorbene Mitschwester angesprochen, lächelt Schwester Ulrika verschmitzt. "Sie hatte das alles gut im Griff", sagt sie und lässt sich dann nur noch entlocken, dass Benigna eine energische Frau gewesen sei. Auch Margit Schreier und ihre jüngere Schwester Michaela Heckl-Stadler haben ihre eigenen Erinnerungen an die letzte Apothekenschwester. "Sie war eine ganz Liebe, konnte aber auch sehr streng sein", erzählt Schreier (66). "Für uns Kinder war es ein Höhepunkt, wenn wir zu ihr in die Apotheke durften", weiß Heckl-Stadler noch und schwärmt von den "riesigen Gläsern mit den wunderschönen Etiketten" und dem einmaligen Flair der Klosterapotheke, in deren Schubladen sie hineinschauen durfte. Selbst Schreiers Sohn Peter, heute 37 Jahre alt, erinnert sich noch an die handgemachten Seifen, die er geschenkt bekam. Es sei immer Verlass auf sie gewesen, erinnert sich Schreier. Nur einmal sei ihr ein Missgeschick passiert, das ihr - obwohl ohne schlimme Folgen - später sehr peinlich gewesen sei. Damals sollte sie auf Schreiers Bruder Otto Heckl aufpassen, während die Eltern die Tochter im Krankenhaus besuchten. Schwester Benigna ging mit dem damals etwa Dreijährigen im Garten des Krankenhauses spazieren und er fuhr mit seinem Dreirad in einem unbeobachteten Moment in den kleinen Fischteich, mitten unter die Goldbarsche.

Benigna war eine vielseitig begabte Frau. Nicht nur als Apothekenschwester imponierte sie ihre Mitmenschen, sondern auch als Künstlerin. Sie konnte sehr gut zeichnen, kreierte wunderschöne Einträge in verschiedene Posie-Alben oder gestaltete während ihrer Nachtschicht Tischkärtchen. Und backen konnte sie auch: Ihre Weihnachtsplätzchen sind der Familie in guter Erinnerung geblieben.

 

 

"Für uns Kinder war es ein Höhepunkt, wenn wir zu ihr in die Apotheke durften."

Michaela Heckl-Stadler