Neuburg
Zweifel an der "gerechten Gebühr"

In Neuburg-Nord schalten Eigentümer Anwälte ein – Bisher 1800 Fragen zur Versickerung

27.05.2013 | Stand 03.12.2020, 0:06 Uhr

 

Neuburg (r) Eine Flut von Fragen zur Abwassergebühr schwappt über der Stadtverwaltung zusammen: 1800 Hauseigentümer wollten Details zur neuen Berechnung wissen. „Und die Tendenz steigt“, meldet Referent Paul Leikam, der sich dem Thema mit sechs Mitarbeitern widmet.

Es zeichnet sich ab, dass etliche Hausbesitzer Sickerschächte einrichten werden. Sie klemmen die Dachrinnen vom Kanaleinlauf ab und lassen das Regenwasser im Garten oder in der Wiese versickern. Das senkt die Gebührenrechnung.

Wie mehrfach berichtet, teilt die Stadt Neuburg ab 2014 die Abwassergebühr auf. Der größere Teil wird weiterhin nach dem Trinkwasserverbrauch berechnet. Der Rest orientiert sich nach der Versickerung von Niederschlägen auf dem Grundstück. Die Kommune spricht von „gesplitteter Abwassergebühr“.

Zur Versickerung bezahlt jeder Eigentümer einmal im Jahr einen feststehenden Euro-Betrag. „Er wird wie die Grundsteuer abgebucht“, so Stadtingenieur Paul Leikam. Dieser Versickerungsbetrag wird derzeit (mit einem sogenannten Gebietsabflussbeiwert) berechnet. Die Stadt nimmt dazu die Hilfe eines Fachbüros in Anspruch.

Letztlich schickt die Stadt Bescheide an 12 000 Hausbesitzer. Wer mit der Berechnung nicht zufrieden ist, kann immer noch Einspruch einlegen. „Bei Unklarheiten sollen sich die Bürger aber rechtzeitig rühren“, meint Abwasserpapst Leikam.

Zu Unmut führt die Splittgebühr in Neuburg-Nord. Anwesen in Laisacker, Hesselohe und Ried schicken ihr Regenwasser über Verrohrung in den Gießgraben, der unterhalb des Arcoschlösschens in die Donau mündet. Obwohl dieses Wasser das städtische Klärwerk nicht belastet, berechnet die Stadt den Betroffenen die Versickerungsgebühr. Begründung: Die Stadt habe in Abflussbauten und in ein Pumpwerk (am Reiterhof) investiert.

Werner Schweller ist mit seinem Jagdschlössl in Laisacker besonders betroffen. Einen nicht berücksichtigten Sickerschacht auf seinem Areal hat er bereits nachgemeldet. Prasselt Regen auf die 1000 Quadratmeter geteerte Parkplatzfläche, fließt das Wasser über eine alte Verrohrung in den Gießgraben Richtung Donau. Der Eigentümer soll dafür voll bezahlen – zum ersten Mal an dem 500 Jahre alten Standort.

Die Verliererkarte will Werner Schweller nicht hinnehmen: „Obwohl wir in ein Naturgewässer einleiten, verlangt die Stadt den vollen Beitrag ohne Einschränkung.“ Als „gerechte Gebühr“, wie das Splittsystem auch genannt wird, kann er das nicht empfinden. Deshalb hat der Schlösslbesitzer einen Rechtsanwalt eingeschaltet.

4,6 Millionen Euro Jahresausgaben rechnet die Stadt für die Abwasserentsorgung vor. Personalkosten und Abschreibungen sind enthalten. Genau die 4,6 Millionen müssen durch Gebühren und Beiträge wieder hereinkommen. Die Kommune ist gesetzlich dazu verpflichtet, kostendeckend zu arbeiten. An Abwassergebühr verlangt Neuburg derzeit 1,95 Euro pro Kubikmeter (Trinkwasser). Der Gebührensatz wird 2014 auf jeden Fall reduziert – wie stark, hängt von den Gesamteinnahmen der Versickerungsgebühr ab.

Ingolstadt hat die Splittgebühr vor drei Jahren eingeführt, die Stadt Schrobenhausen mit Umland will bis 2015 nachziehen.