Neuburg
"Wir machen uns Sorgen um unsere Kinder"

Eltern kritisieren Asylunterkunft mitten im Gymnasium – Landrat bemüht sich um Beruhigung

18.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:10 Uhr

Neuburg (r) Die Anwohner sind sauer und Eltern sorgen sich um ihre Kinder: Mit der Unterbringung von 100 Asylbewerbern in den Turnhallen des Descartes-Gymnasiums macht sich das Landratsamt in Neuburg keine Freunde.

„Wir müssen diesen Menschen mit Offenheit gegenübertreten“, appellierte Landrat Roland Weigert beim „Infoabend“ an rund 150 erschienene Eltern und Lehrer. Dafür erhielt er Beifall. Noch viel mehr Zustimmung erzielten die kritischen Einwände. So sagte eine Elternsprecherin der 6. Klasse: „Wir machen uns große Sorgen um unsere Kinder. Ich kann es nicht begreifen, dass in der ganzen Stadt keine andere Unterbringung gefunden worden ist.“

Damit hat die Mutter den wunden Punkt getroffen. Der Großteil der Elternschaft hält dem Landratsamt vor, nicht rechtzeitig ein bundeseigenes Gebäude der Lassignykaserne reaktiviert oder Container aufgestellt zu haben. Jetzt kommt es zur Notunterbringung mitten im Schulbetrieb mit über 1000 Kindern und Jugendlichen.

Landrat Roland Weigert erklärte dazu, dass das Gebäude IV der Lassignykaserne in vier Wochen zu ertüchtigen gewesen wäre. „Wir haben aber leider von der Regierung keine Kostenübernahme zugesagt bekommen“, so Weigert. Er gab zu, dass man schon vor Monaten „im kleinsten Kreis“ das Descartes-Gymnasium als erste Adresse für die Notaufnahme ausgewählt habe. Die Nähe von Landratsamt, Polizei, Klinik und Gemeinschaftsunterkunft sei von Vorteil. Im übrigen, so Weigert, „ist es in ganz Oberbayern gängige Praxis, dass Schulturnhallen zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden.“

Eine plausible Erklärung für den Standort in Neuburg ist das für das Gros der Elternschaft nicht. Auch die Bewohner der Seminarstraße reagieren wenig erfreut über die vorübergehende Nachbarschaft. „Ich kann Ihnen sagen, ich habe eine solche Wut . . .“, bekannte emotional eine Hausbesitzerin.

Bernhard Schmid, Direktor des Gesundheitsamtes, sprach über mögliche Infektionskrankheiten, die Flüchtlinge aus Afrika und der Golfregion mitbringen könnten. Am verbreitetsten sei Tuberkulose, gefolgt von Hepatitis B und Aids. Allerdings handle es sich nach bisherigen Erfahrungen statistisch um einen niedrigen Prozentanteil von Erkrankten, bei Hepatitis B etwa 2,5 Prozent. Wohnen die Asylsuchenden dann in der Unterkunft, seien Masern und Windpocken Krankheiten, die als erstes auftreten.

Nicht weniger als 120 Helfer, darunter Feuerwehr, BRK, Polizei und Kriseninterventionsteam, stünden für die 100 Asylbewerber in den Schulturnhallen bereit. Nachdem es dort nur eine Toilette gibt, ist vor dem Haus ein Sanitärcontainer platziert worden. Acht Sicherheitsleute seien rund um die Uhr vor Ort.

Das Descartes-Gymnasium ist gestern – ebenso wie die staatliche Berufsschule Eichstätt – zu einer Außenstelle der Bayernkaserne in München geworden. Sie sei Erstaufnahmestelle und massiv überfüllt. Die Flüchtlinge im Neuburger Gymnasium sollen vier bis sechs Wochen bleiben, „es kann aber auch länger dauern“, so Landrat Roland Weigert.

Nach der Einweisung der Flüchtlinge in Dauerunterbringung leeren sich die Schulturnhallen wieder. „Der Standort wird wieder deaktiviert, es sind andere dran“, hofft Oberregierungsrat Roland Weingut. Sicher sei das aber nicht.

Schulleiter Peter Seyberth sieht keine Sicherheitsprobleme. „Warum soll man annehmen, dass Flüchtlinge das Schulhaus betreten“, antwortete er auf eine Elternfrage. Abfragen in anderen Gymnasien hätten keinerlei Vorfälle ergeben. „Davon sollte man auch bei uns ausgehen und Toleranz zeigen“, so der Oberstudiendirektor.