Neuburg
Warum sind die Piraten gekentert?

Erklärungsversuche der Kandidaten Deuter und Doppler für den Landkreis

28.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:13 Uhr

Neuburg (DK) Die Frage ist hart aber berechtigt: Warum sind die Piraten gekentert? Wir haben bei den zwei Kandidaten der Partei im Landkreis nachgehakt: bei Reinhold Deuter, der im Süden wählbar sein wird, und bei Christian Doppler, dem Bundestagsanwärter für den Norden.

"Klarmachen zum Ändern" hatten sich die Piraten auf ihre Fahnen geschrieben. Doch irgendwie ist die Luft raus. Obwohl ein Cyberskandal den nächsten jagt, immer neue Abhörprogramme und Bespitzelungswerkzeuge der Geheimdienste ans Licht kommen und die Internet-Datenkraken ihre Tentakeln tiefer in Privatangelegenheiten ausfahren, hört Otto Normalverbraucher von der Partei nichts mehr. Warum ist das so?

"Es stimmt schon. Wir haben wirklich nicht mehr die Medienpräsenz wie in früheren Zeiten. Eine Ursache dafür ist sicher eigenes Fehlverhalten", zeigt sich Reinhold Deuter (linkes Foto) selbstkritisch. "Man muss es so deutlich sagen: Wir haben es schon auch selbst verhunzt."

Als es den großen Hype um die Partei gab, seien einige Leute dazugestoßen, die eher eigene Interessen verfolgt hätten, als die Partei voranzubringen. Plötzlich schien es einfach, mit Hilfe der Piraten an politische Ämter zu kommen. "Diese Karrieristen haben den Markenkern verfälscht", sagt der Informatiker aus Aresing, der im Wahlkreis Freising für den Bundestag kandidiert, der auch südliche Teile von Neuburg-Schrobenhausen umfasst. "Die Partei war in der Entwicklungsphase, und dabei sind Fehler passiert, die wir heute nicht mehr machen würden." Einige der Leute, die damals dazugekommen waren, seien heute bei der Alternative für Deutschland zu finden. Deuter dagegen habe sich immer dafür eingesetzt, dass die Marschrichtung links-liberal bleibe.

Gerade beim Thema Internet und Bürgerrechte im Cyberraum hätte die Partei doch punkten müssen. Doch da kam nichts. Die Snowden-Affäre, die nicht abhörsicheren Samsung-Fernseher: "Das alles waren eigentlich Freistöße ohne Torwart für uns, aber in den Leitmedien kam nichts mehr von uns an", sagt Deuter. "Zu allen möglichen Themen geben wir Pressemitteilungen raus, aber das war's dann." Statt eine ausgiebige Medienschelte zu betreiben, sieht er aber auch hier Fehler in den eigenen Reihen: "Wir haben überraschend Erfolge gefeiert, aber dann ist nichts mehr geschehen."

Ähnlich sieht es Christian Doppler (rechtes Foto). "Ich denke der Schock bei den Leuten über das Ausmaß der Bespitzelung war so groß, dass die Denke angekommen ist, etwas zu ändern wäre eh unmöglich", sagt der Ingolstädter. Das Problem seiner Partei sieht der Bundestagskandidat für den Wahlkreis Ingolstadt auch darin, dass sie sich in einem Vollprogramm vielen Themen abseits der IT-Kernkompetenzen gewidmet hat. Soziale Parteiforderungen, Finanzpolitik: "Wir hatten zu viel Input, so dass niemand mehr wusste, wofür wir überhaupt stehen." Außerdem hätten Quereinsteiger die Parteilinien verwässert.

Wie sind die Chancen bei der Bundestagswahl? Da sind Doppler und Deuter eher vorsichtig: Die Fünf-Prozent-Hürde ist freilich das große Ziel. Doch all zu viel Hoffnung, diese zu überspringen, versprühen beide Kandidaten nicht.