Neuburg
Sie sind füreinander da

Die Ehrenamtlichen der Nachbarschaftshilfen im Landkreis schenken den Menschen vor allem Zeit

12.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:05 Uhr

Aktive Stützen der Nachbarschaftshilfe: Werner Fischer (stehend, von links), Elfriede Marcinkowski, Johanna Knöferl von der Caritas, Martha Bischof und Harald Fürst engagieren sich, der Burgheimer Heinrich Weinkopf nimmt das Angebot der Initiative gerne an. - Foto: Janda

Neuburg (DK) Früher ist Heinrich Weinkopf ein Tüftler und Erfinder gewesen. Ein Handwerker, der eine Vielzahl an Fertigkeiten beherrscht und nahezu jede Maschine mühelos zum Laufen bringt. Doch mittlerweile will der Körper des 87-Jährigen, der lange ein Kino in Rain betrieb, nicht mehr richtig. Ohne Rollstuhl geht es heute kaum noch, auch die Hände spielen nicht mehr mit. Ein Dilemma, für den im Kopf nach wie vor hellwachen Burgheimer. "Plötzlich wusste ich nicht mehr weiter", erzählt der kinderlose Weinkopf von jenen schweren Tagen, als er plötzlich erkannte, wie schwer der Alltag ohne Unterstützung sein kann. Hilfe fand er trotzdem - bei der Nachbarschaftshilfe "Wir füreinander".

Insgesamt elf Gruppen haben sich mittlerweile unter dem Dach der Caritas gegründet, um kurzfristig und unkompliziert Hilfe im Alltag zu bieten. Ob Fahrten zum Arzt oder zum Einkaufen, Unterstützung im Haushalt, Besuche bei Krankheiten oder mittlerweile auch die Integration von Flüchtlingen - das Aufgabenspektrum für die rein ehrenamtlich tätigen Helfer ist vielfältig. "Doch es endet dort, wo die professionelle Hilfe beginnt", stellt die Koordinatorin Johanna Knöferl vom Caritasverband klar. Beispielsweise beim Schneeräumen - ein Ding der Unmöglichkeit für die ehrenamtlichen Helfer. Dafür gibt es bekanntlich Hausmeisterdienste oder die Nachbarn.

Bei den Tätigkeiten der Ehrenamtlichen geht es hingegen oft um so viel mehr als um eine simple Autofahrt oder um einen Einkauf. "Manchmal sitzen wir mit den Leuten stundenlang im Wartezimmer", weiß Werner Fischer, der sich in Neuburg engagiert. Zeit, die er und seine Mitstreiter schenken. Ohne Bezahlung. Ohne Gegenleistung. Einfach, um anderen Menschen zu helfen und diese vielleicht ein Stück weit zurückzuholen in eine Gesellschaft, an der sie aus eigener Kraft nicht mehr teilhaben könnten. "Das ist bürgerschaftliches Engagement in Reinkultur", freut such Landrat Roland Weigert über die Initiative, die es seit mittlerweile sieben Jahren gibt.

Doch warum engagieren sich die Helfer auf eine oftmals aufopfernde Art und Weise für ihre Nächsten? Bei einigen ist es ein richtiges Helfersyndrom, wie die langjährige Kinderkrankenschwester Martha Bischof aus Neuburg erzählt. "Man kann den Leuten oft schon so viel geben, wenn man nur mit ihnen spricht", weiß sie aus Erfahrung. Bei anderen ist die Suche nach einer sinnvollen Betätigung ausschlaggebend, berichten die Joshofenerin Elfriede Marcinkowski und Harald Fürst aus Burgheim, die beide nach Eintritt in die Altersteilzeitphase bei der Nachbarschaftshilfe einstiegen. "Ich habe einfach noch so viel Energie", sagt Marcinkowski.

Ganz ohne Gegenleistung, das geben die Helfer offen zu, läuft die Arbeit meistens aber doch nicht. Geld spielt dabei aber keine Rolle. Ganz im Gegenteil. "Man bekommt so viel zurück, das wirklich von Herzen kommt", erzählt Martha Bischof und betont freimütig: "Ohne das alles wäre mein Leben nicht so schön." Ihre Mitstreiter nicken. Und dann ist da noch eine Art der Anerkennung, die Johanna Knöferl und ihre Kollegen den Helfern einmal pro Jahr anbieten. "In Form einer Dankesveranstaltung", erklärt sie. Das kann der Besuch einer Veranstaltung oder ein Ausflug sein, wofür die Nachbarschaftshilfe allerdings zwingend auf Spenden angewiesen ist.

Gleichzeitig plagen die Verantwortlichen der Initiative ein paar Sorgen, denn leider klafft die Schere aus Personal und Aufgaben bei den Nachbarschaftshilfen immer weiter auseinander. 220 Helfer engagieren sich derzeit im gesamten Landkreis Neuburg-Schrobenhausen, doch allein heuer waren sie bereits knapp 11 000 Stunden im Einsatz - ein beachtliches Pensum. "Wir sind auf Anschlag, keiner kann derzeit noch mehr leisten", berichtet Elfriede Marcinkowski für die Neuburger Gruppe. Sie sucht ebenso wie Harald Fürst in Burgheim händeringend nach Mitstreitern.

Nur auf diese Weise lässt sich sicherstellen, dass Menschen wie Heinrich Weinkopf auch in Zukunft auf die Unterstützung der Ehrenamtlichen zählen können. "Ich danke Gott jeden Tag dafür, dass es die Nachbarschaftshilfe bei uns gibt", sagt der 87-Jährige. "Früher habe ich gerne anderen Menschen geholfen", doch jetzt sei es andersrum, jetzt brauche er selbst Hilfe. Dass er sie weiterhin bekommt, ist für die Aktiven der Nachbarschaftshilfe eine Ehrensache.

 

Wer Hilfe braucht oder sich engagieren will, kann sich unter folgenden Nummern melden: (08252) 910 44 50 (Aresing), (08432) 941 21 00 (Burgheim), (08435) 94 08 45 (Ehekirchen), (08454) 949 30 (Karlshuld), (08450) 930 20 (Karlskron), (08433) 94 09 99 (Königsmoos), (08431) 648 63 70 (Neuburg), (08434) 94 07-16 oder -17 (Rennertshofen), (08431) 671 90 (Rohrenfels), (08252) 880 01 59 (Schrobenhausen) und (08454) 949 70 (Weichering).