Neuburg
Tiefe Brunnen unter der "Streidl"-Wirtschaft

Archäologen legen Schacht aus dem Spätmittelalter frei Jetzt wird eine Tiefgarage gebaut

20.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:37 Uhr

Bevor der Bagger anrückt, bergen Helfer die Reste der Brunnen unter dem "Streidl" (links). Hier entsteht eine Tiefgarage. Archäologe Manfred Woidich zeigt einen Kerzenständer aus dem Schacht (rechts). - Fotos: r

Neuburg (r) In fünf Meter Tiefe graben die Archäologen unter der früheren "Streidl"-Wirtschaft nach Zeugnissen der Neuburger Stadtgeschichte. Und sie sind fündig geworden: Im Bereich der geplanten Tiefgarage tauchten zwei alte Brunnenschächte auf.

Die obersten zweieinhalb Meter des aus Steinen gesetzten Brunnenschachtes trug der Baggerfahrer ab - unter der Aufsicht von Grabungsleiter Dr. Manfred Woidich (Harburg). Danach legten Grabungshelfer die unteren Schichten frei. Die Wissenschaftler dokumentieren alle Teile, die abgetragen werden. In der Tiefe bleibt der Brunnen unberührt. "Alles, was von den Bauarbeiten nicht beeinträchtigt wird, bleibt im Boden", sagt der Grabungschef.

Den älteren Brunnen datiert er auf die Zeit des Dreißigjährigen Krieges, etwa um das Jahr 1630. Vielleicht 100 Jahre später bauten die Bewohner in den alten Schacht einen neuen Brunnen hinein. Das Grundwasser reichte vermutlich nicht mehr aus, man musste mehr in die Tiefe gehen. Der Archäologe Manfred Woidich sieht darin einen Beleg für die Absenkung des Grundwasserspiegels, der von der nahen Donau bestimmt wird. Als der Brunnen im 19. Jahrhundert nicht mehr benötigt worden ist, füllten ihn die Hausbesitzer komplett auf. Die Archäologen holten jetzt die interessantesten Stücke wieder heraus: Tonscherben, Schüsseln, 100 Jahre alte Glasflaschen, vereinzelte Münzen, Kerzenständer, auch Metallrohre. Das ganze Sortiment ermöglicht Erkenntnisse über die Gebrauchsartikel der damaligen Zeit. Der Streidl-Bau stammte in seinem Kern aus dem Jahr 1817. Zusammen mit Holzresten des Vorläuferbauwerks, einer Kellergrube und dem Eiskeller der Wirtschaft geben die Grabungen ein weiteres Mosaikteilchen der Geschichte von Alt-Neuburg preis.

Der Bautrupp steht bereits vor Ort und beginnt noch in dieser Woche mit dem Aushub für die Tiefgarage. In der Baulücke an der Blumenstraße entstehen zwei Wohngebäude mit Innenhof und zwölf Einheiten.

Spektakuläre archäologische Funde in Neuburg sind zuletzt rar geworden. In der Oberen Stadt, eine "Schatzkammer" der Bodendenkmalpflege, wird kaum mehr gebaut und aufgegraben. Immerhin ist in der Josefstraße ein Gewölbe des früheren Karmeliterinnenklosters freigelegt worden. Bis zu 80 Schwestern sollen in der Blütezeit des Ordens im 18. Jahrhundert in Neuburg gelebt, gebetet und für Bedürftige gesorgt haben. Mit der Säkularisation mussten auch die Karmeliterinnen ihren Standort in Neuburg aufgeben.