Neuburg
CSU will Landratsamt zurückerobern

Bedauern, Unverständnis und Kampfansage: Nach Weigerts Landtagskandidatur sortiert sich die Kreispolitik

05.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:51 Uhr
Der Noch-Stimmkreisabgeordnete und sein möglicher Nachfolger: Ministerpräsident Horst Seehofer (links) und Landrat Roland Weigert, der für die Freien Wähler in den Landtag will, hier mit Anton Krammer, Chef der SPD-Fraktion im Kreistag. −Foto: Schanz (Archiv)

Neuburg (DK) Nach Bekanntwerden der Landtagskandidatur von Landrat Roland Weigert herrscht in der Kreispolitik eine Mischung aus Bedauern und Unverständnis. Die CSU kündigt unterdessen bereits an, im Falle von Weigerts Einzug ins Maximilianeum den Chefposten zurückerobern zu wollen.

Es war ein bitterer Tag für die Christsozialen im Kreis Neuburg-Schrobenhausen: Am 16. März 2008, also vor fast genau zehn Jahren, verlor die Partei den Landratsposten - zum ersten Mal in der Geschichte des 1972 entstandenen Landkreises. Nun tritt der Wahlsieger von 2008, FW-Politiker Roland Weigert, womöglich ab, um in den bayerischen Landtag zu wechseln. Dass er im Herbst genügend Stimmen bekommt, darüber haben seine politischen Weggefährten - und zwar parteiübergreifend - keinerlei Zweifel. Wenig überraschend sinnt die CSU nun auf Revanche. "Es ist ganz klar unser Ziel, das Landratsamt wieder zurückzuholen", erklärt Alfred Lengler, in Personalunion Chef des Kreisverbands und der Kreistagsfraktion. Dafür kündigt der Gachenbacher "einen guten Kandidaten" an, ohne jedoch einen Namen zu nennen.

Der Bewerber oder die Bewerberin der CSU wird es beim möglichen Urnengang - immer vorausgesetzt, Weigert schafft den Sprung in den Landtag - in etwa einem Jahr, auf jeden Fall mit Konkurrenz von der SPD und von den Freien Wählern zu tun haben. "Falls er gewählt wird, werden wir einen Kandidaten aufstellen", betont SPD-Fraktionschef Anton Krammer, nachdem die FW-Spitze bereits in der Vorwoche einen Bewerber angekündigt hatte. "Ich bin davon überzeugt, dass das machbar ist", zeigt sich Thomas Hümbs als FW-Fraktionssprecher kämpferisch.

Doch so weit gediehen die Überlegungen rund um eine mögliche Landratswahl auch sind: So richtig glücklich über den möglichen Weggang Weigerts scheint bei den Spitzen der Kreistagsfraktionen niemand zu sein. "Es klingt abgedroschen, aber es sind das lachende und das weinende Auge bei mir", sagt Hümbs. Als Kommunalpolitiker stehe er voll hinter der Kandidatur des Landrats und erinnert nach dem Rückzug des Stimmkreisabgeordneten und Ministerpräsidenten Horst Seehofer an die große Chance, das Direktmandat von der CSU zu erobern: "Jetzt ist alles offen", findet Hümbs und fragt: "Wenn nicht jetzt, wann dann" Als Fraktionssprecher der Freien Wähler sieht seine Meinung allerdings durchaus etwas differenzierter aus. "Da bin ich natürlich nicht begeistert", sagt er zu den Ambitionen des Landrats, den er für den besten Politiker aller Parteien im Landkreis hält. Die Arbeit mit Weigert auf Kreisebene ist aus Sicht des Langenmoseners jedoch stets gut gelaufen, "das hätte daher ruhig so weitergehen können".

Auch aus der Ausschussgemeinschaft bekommt der Landrat viel Anerkennung für seine Arbeit. "Ich bedaure, dass wir ihn wohl verlieren", sagt Fraktionssprecher Theo Walter (Grüne), der Weigerts Entscheidung rein persönlich aber nachvollziehen kann. Dass der Kleinhohenrieder sich nun berechtigte Chancen auf ein Mandat im Landtag ausrechnen kann, sieht er als interessante Chance. Würde Weigert diesen Weg nicht einschlagen, hätte aus Walters Sicht in einigen Jahren die Gefahr bestanden, eine Landratswahl zu verlieren. Und dann wäre der jetzt 49-jährige Weigert kaum noch in einem Alter, eine neue politische Richtung einzuschlagen.

Etwas schwerer tut sich Anton Krammer damit, die Entscheidung des Landrats nachzuvollziehen. "Weil ich mir nicht vorstellen kann, dass er in einer kleinen Fraktion im Landtag recht viel bewegen kann", findet der SPD-Sprecher, der ebenso wie Weigert in Karlshuld wohnt. Er würde Weigert daher lieber im Landkreis behalten, als ihn in München als Abgeordneten zu bekommen. "Denn er ist ein guter Landrat, auch wenn er nicht bei der SPD ist", erklärt Krammer und erinnert an die Projekte, die Weigert in den vergangenen Jahren angestoßen und mit den Stimmen aller Parteien im Kreistag umgesetzt hat. "Dort herrscht mittlerweile ein guter Abstimmungsprozess mit den Fraktionen", betont Krammer, der darin einen Vorteil eines Landrats ohne absolute Mehrheit sieht. "Das hat es vorher nicht gegeben."

Eher ungehalten reagiert unterdessen Alfred Lengler auf Weigerts Ambitionen. Das liegt nicht daran, dass er um den eigenen Kandidaten fürchtet. Ganz im Gegenteil: Er geht vielmehr davon aus, dass der Landrat über die Liste in den Landtag einziehen wird. Mit Folgen für den Landkreis. Lengler geht es dabei vor allem um die angestoßenen Prozesse wie die Neuorientierung des Kreiskrankenhauses in Schrobenhausen oder den Neubau der Paul-Winter-Realschule. Entscheidende Beschlüsse und Weichenstellungen sind aus seiner Sicht in der Übergangszeit zwischen Landtags- und Landratswahl kaum möglich. "Doch dann liegt plötzlich alles auf Eis", sorgt sich der Gachenbacher Bürgermeister. Tatsächlich wäre im Falle von Weigerts Wahl zunächst ein Parteifreund Lenglers am Zug: Vize-Landrat Alois Rauscher müsste dann vorübergehend die Amtsgeschäfte in der Kreisbehörde übernehmen und diese bis zur Wahl eines neuen Landrats Anfang des kommenden Jahres leiten.

"Das stinkt mir wirklich", sagt Lengler, der in den vergangenen eineinhalb bis zwei Jahren eine vernünftige und sachliche Zusammenarbeit mit Weigert sieht. "Wir haben viel angestoßen und durchgeboxt." Dass der Kreischef nun nach München wechseln will, wertet er daher auch als Flucht, die dem Landkreis nur schaden werde. "Denn als Landrat schenkt ihm jedes Ministerium Gehör, das wird als einfacher Abgeordneter anders", weiß Lengler, der auch daran erinnert, dass Weigert bei einem Wechsel in die Landeshauptstadt "im Landkreis zunächst mal weg ist". Daran ändert aus seiner Sicht auch die Tatsache nichts, dass sich der FW-Politiker in zwei Jahren um ein Mandat im Kreistag bewerben will. "Das stellt er sich schon sehr leicht vor", findet der CSU-Fraktionschef.