Neuburg
Gericht muss menschlich bleiben

Präsident will moderne Technik und persönliche Kompetenz Christian Veh neuer Direktor

15.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:57 Uhr

In trauter Runde: OLG-Präsident Peter Küspert und LG-Präsidentin Sibylle Dworazik verabschiedeten Dorothea Deneke-Stoll und begrüßten Christian Veh (v.l.) als Amtsgerichtsdirektor in Neuburg. Sein Bruder Herbert (rechts), Präsident des Landgerichts Augsburg, freute sich mit. - Foto: r

Neuburg (r) Dass im Digitalzeitalter einmal der Computer Urteile spricht, halten die meisten Juristen für "Horrorvorstellungen". Der Mensch bleibe als Richter und Rechtsanwalt gefordert, elektronische IT-Technik könne nur ein Arbeitsmittel sein, sagte Bayerns oberster Richter Peter Küspert in Neuburg.

Der Präsident des OLG München und des Verfassungsgerichtshofes schaute am Montag im Schloss und Amtsgericht vorbei, um einen Chefwechsel zu vollziehen: Christian Veh (55) übernimmt als Direktor das Amtsgericht Neuburg von Dorothea Deneke-Stoll (57), seit Kurzem neue Chefin des Amtsgerichtes Ingolstadt.

Neuburg scheint ein erstrebenswerter Ort auch für Juristen zu sein. Dorothea Deneke-Stoll hat sich nur ungern von der Stadt, vom Amtsgericht und seiner "familiären Atmosphäre" getrennt. Und ihr Nachfolger, vor 30 Jahren als Proberichter vom Ingolstädter Direktor empfangen ("Oh, a Schwob"), freut sich, ein bisschen donauaufwärts zum Geburtsort Donauwörth rücken zu können.

Die Gründung des Landgerichts Ingolstadt 1988 schätzt Christian Veh besonders. Nicht nur, weil es lange Zeit sein Berufsfeld war, sondern weil er damit seinem Bruder Herbert als Vorgesetzten aus dem Weg gehen konnte: "Das wäre zu viel des Guten gewesen." Herbert Veh ist Präsident des Landgerichtes Augsburg und freute sich gestern mit seinem Bruder über dessen Beförderung.

Mit Christian Veh erhalte Neuburg einen sehr erfahrenen und teamfähigen Direktor, der Türen öffnen und die Justiz innen wie außen bestens vertreten könne, so die Ingolstädter Landgerichtspräsidentin Sibylle Dworazik. Neuburgs Oberbürgermeister Bernhard Gmehling begrüßte ihn als "alten Freund", bekannt aus gemeinsamen Zeiten am Amtsgericht. Gmehling, bis 2002 selbst Richter in Neuburg, fühlte sich unter den 120 Juristen und Justizmitarbeitern im Weißen Saal des Schlosses gleich "wie zu Hause".

Ein ähnliches Gefühl beschrieb auch Christian Veh und "einen unglaublich herzlichen Empfang" an seiner neuen Arbeitsstätte. Er übernimmt das Schöffengericht und einige Betreuungssachen und verspricht Transparenz, "denn ein Gericht ist kein Geheimbund".

Einen "souveränen Umgang mit den Medien" hat Präsident Peter Küspert beim neuen Amtsgerichtsdirektor beobachtet. Er lobte sein Wissen im Strafrecht, Sozialkompetenz und Sinn für praktische Lösungen. Bei Vize Georg Berger bedankte er sich dafür, zu jeder Zeit die Stellung im Neuburger Gericht gehalten zu haben.

Der OLG-Präsident imponierte mit Details zur Neuburger Geschichte, René Descartes und Ottheinrich ("ein Kunstfürst und Bankrotteur"). Peter Küspert plädierte dafür, die Justiz für Neuerungen zu öffnen und die Mitarbeiter zu spezialisieren, ohne den Anspruch aufzugeben, "Justiz im ganzen Land und für alle Bürger erreichbar zu sein".

Vor der digitalen Zukunft "kann einem schon schwindlig werden", so Präsident Küspert. Elektronische Akten werden kommen und Richter "Watson", ein Computerprogramm, spricht schon testweise Urteile. Die ganze Vielfalt des Lebens und seiner Ereignisse werde aber ein Computer nie erfassen können. Die Rechtsprechung bleibe dem Menschen vorbehalten, nicht einem Automaten. Nicht nur im Strafrecht bleibe die staatliche Justiz der Garant für friedliches Zusammenleben und eine funktionierende Arbeits- und Wirtschaftsordnung. Eine Privatjustiz würde zu wilden Verhältnissen führen. Transparente und einheitliche Anwendung des Rechts im ganzen Land sichere das Vertrauen in die Rechtsprechung.