Neuburg
Gehobene Komödie mit Niveau

Die "reizende Leich" wurde vom Premierenpublikum begeistert gefeiert

28.10.2012 | Stand 03.12.2020, 0:54 Uhr

Wie lautet der Code für den Safe? Um Geld, Geständnisse und Liebe geht es zwischen Manfred Pritschler (Winfried Frey), Hans (Bernhard Ulrich) und Eleonore Scheibmeier (Petra Auer) - Foto: Hammerl

Neuburg (DK) Fürwahr, eine „reizende Leich“ – noch dazu eine quicklebendige – reißt das Premierenpublikum im Neuburger Stadttheater hin und mit. Petra Auer ist die Titelrolle der neuen Produktion von Winfried Frey regelrecht auf den Leib geschrieben.

Eigentlich ist Elli schon so gut wie tot in dem Moment, in dem der von ihrem Mann gedungene Profimörder über die Terrassentür ins Haus eindringt. Aber eben nur eigentlich, denn Manni (stark als Auftragskiller mit Herz und Psychotherapeut: Winfried Frey) ist nervös, was sein Opfer sofort spürt und gnadenlos nutzt. Auer fasziniert durch ungeheure Bühnenpräsenz und Ausstrahlung. Ihre Elli, die betrogene und vernachlässigte Ehefrau, ist zu jeder Zeit Herrin der Lage, auch wenn sie gefesselt im Drehstuhl sitzt. Angst scheint sie nicht zu kennen, was sie ihrem Möchtegern-Mörder auch völlig logisch erklären kann. Der ist ebenfalls Sympathieträger. Warum auch nicht – Auftragskiller ist schließlich aus seiner Sicht „ein Beruf wie jeder andere auch, nur ohne Gewerkschaft und gesichertes Einkommen“, eine Ich-AG sozusagen. Dass er seinen Auftraggeber nicht verrät, klar, das ist Ehrensache. Ein Mann, ein Wort.

Zielsicher sucht und findet Elli jedoch seine wunden Punkte und dreht den Spieß um, wobei ihr das Telefon ein starker Verbündeter ist. Denn Manni muss auf zweimaliges Klingeln warten, das ihm signalisieren soll, dass der Auftraggeber ein sicheres Alibi hat. Doch ehe der anruft, mischt Mannis Psychotherapeut kräftig via Telefon mit.

Ein irrwitziges, dabei aber absolut überzeugendes Spiel beginnt. Was zu Beginn so klar war, wird nun in Frage gestellt und irgendwann kann sich der Zuschauer nicht mehr sicher sein, wer wen ermorden lassen will. Petra Auer spielt einfach hinreißend. Mal lockt sie ihren Mörder, mal beschimpft sie ihn, spielt „böser und guter Polizist“ in einer Person, verfolgt ihn gefesselt im Drehstuhl über die Bühne rollend oder brilliert als einfühlsame Hobbypsychologin. Fast könnte Manni einem leid tun.

Frey, der nicht nur eine der drei Hauptrollen sowie die Regie übernommen hat, hat es geschafft, die Erfolgskomödie Faithful witzig-spritzig ins Bayerische zu übertragen – nicht nur zu übersetzen! - und dabei dezent Lokalkolorit einfließen zu lassen, ohne dass es aufgesetzt wirkt. Die „reizende Leich“ geht einwandfrei als gehobene bayerische Komödie durch und bietet beste Unterhaltung mit Niveau.

Bernhard Ulrich als untreuer Ehemann Hans komplettiert das muntere Trio und kann so schön dumm aus der Wäsche schauen, als er seine Pläne durchkreuzt sieht. Während im ersten Akt Frey und Ehefrau Auer die Klingen gekreuzt haben, wetzen im zweiten Auer und Ulrich die Messer. Elli hat an Selbstbewusstsein zugelegt, was Auer in Mimik und Körpersprache überzeugend ausdrückt. Selbst ihr Wutausbruch hat Charme. Schlagfertigkeit hat sie ohnehin schon in der ersten Szene bewiesen, als sie die beiden Zeugen Jehovas (Regieassistentin Petra Wintersteller, Inspizient Sepp Reichart) mit deren eigenen Waffen geschlagen hat.

Sepp Reicharts Bühnenbild symbolisiert gehobenen Mittelstand, ein Haus mit großzügigem Eingangsportal, das an einen altgriechischen Tempel erinnert, eine großzügige Fensterfront mit Terrasse dahinter, eine Couch à la Loriot. Wichtigstes Requisit ist das nostalgische Telefon, dessen Klingeln den Dialogen überraschende Wendungen verschafft. Eine Komödie aus einem Guss, hier passt einfach alles, was dem Premierenpublikum kräftigen, langanhaltenden Applaus und begeisterte Pfiffe, vor allem für die Hauptdarstellerin, wert ist.

Weitere Aufführungen am Mittwoch, 31. Oktober, 20 Uhr, Donnerstag, 1. November, 19 Uhr, Freitag, 2. November, und Samstag, 3. November, jeweils 20 Uhr.