Neuburg
Gegen rechtsextreme Umtriebe: "Wir mischen uns ein"

Oberbayerische Grüne vergeben den Preis "Grüner Wanninger" an Sinninger Bürgerinitiative und Grillheimer "Durchanand"

21.10.2012 | Stand 03.12.2020, 0:55 Uhr

 

Neuburg (r) „Kein braunes Endlager in Sinning“– in den 90er Jahren wehrten sich engagierte Bürger gegen die Anwesenheit der NPD-Zeitung „Deutsche Stimme“ und die Treffen von Neonazis in dem kleinen Ort südwestlich von Neuburg. Die NPDler verschwanden, die „Initiative gegen Rechts“ ist geblieben.

Gestern ehrten Bündnis 90/Die Grünen ihre Courage mit dem Preis „Grüner Wanninger“.

Die Auszeichnung vergibt die Grünen-Bezirkstagsfraktion vorwiegend an Kulturträger. Deshalb musizierte als zweiter Adressat die Gruppe „Grillheimer Durchanand“ im Weißen Saal des Schlosses. Sie spielen gekonnt Volkstümliches und lassen zeitweise „Jänisch“, die Geheimsprache der Vagabunden und Hausierer wiederaufleben.

In den Grillheimer Kanalhäuschen im Donaumoos waren früher Korbflechter und andere arme Leute daheim. Die Rückbesinnung und Pflege auch deren Kultur sei nicht hoch genug einzuschätzen, meint Sepp Dürr, kulturpolitischer Sprecher der Grünen im bayerischen Landtag. Die Arme-Leute-Tradition der „Herumtreiber“ gehöre ebenfalls zur Identität von Heimat.

Begeistert von der bodenständigen Musik der Grillheimer gratulierte der Landtagsabgeordnete den Musikern. Wenn Heimat heut wieder Hochkonjunktur habe, dann tragen solch authentische Künstler wesentlich dazu bei, findet Sepp Dürr. Er hat in der globalisierten Welt eine „Sehnsucht nach regionalen und lokalen Wurzeln“ ausgemacht. Sie förderten Selbstverwirklichung und die aktive Teilhabe an der Gesellschaft.

Dürr sieht auch in der Sinninger „Initiative gegen Rechts“ Kulturträger im besten Sinne: „Sie vertreten genau die Heimat, die ich mir vorstelle“. Neben den Grünen-Bezirksräten gratulierten Neuburgs Oberbürgermeister Bernhard Gmehling und Landrats-Vize Michael Kettner sowie Bürger aus Sinning und Karlskron-Grillheim den Preisträgern.

„Der Ort Sinning und der Landkreis verdanken der Bürgerbewegung sehr viel“, zog der Neuburger Grünen-Sprecher Norbert Mages das Fazit seiner Laudatio. Er habe Hochachtung vor der Initiative, weil sie sich trotz starker Gegenströmungen im Dorf eingemischt, etabliert und gegen rechtsextreme Umtriebe gewandt habe. Dieses Engagement brauche man dringend auch in Gegenwart und Zukunft.

Die Bürgerinitiative gegen Rechts entstand 1998, als ein rechtsgerichteter Neuburger die NPD-Zeitung „Deutsche Stimme“ in Sinning einquartierte. Es kam zu mehreren Demonstrationen von Sozialdemokraten, Gewerkschaften und linken Autonomen gegen die Rechten, die ihrerseits „Flagge“ zeigten. Die Polizei verhinderte Zusammenstöße, als die „Jungen Nationaldemokraten“, der Nachwuchs der NPD, im Neuburger Ostend demonstrierte.

Mit einer Razzia und fingierten Waffenverkäufen überführte das Landeskriminalamt die Hauptbeteiligten. Die Parteizeitung der NPD zog wieder weg, ihr Chefredakteur Holger Apfel führt die NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag an.

Damit hatten die engagierten Sinninger Erfolg, die die Rechten aus ihrem Ort und Landkreis heraushaben wollten. Mit Hilfe der Gemeinde habe man zuletzt auch verhindern können, dass die frühere Gastwirtschaft Buckl in falsche Hände komme, bedankte sich Vorsitzender Anton Degenmeier bei Bürgermeister Fridolin Gößl und bei den Grünen. Die Initiative gegen Rechts werde „auch künftig hinschauen und aktiv werden“.

Grünen-Fraktionssprecherin Martina Neubauer übergab den Preis „Grüner Wanninger“. Die Auszeichnung gibt es seit 1988. Adressaten waren bisher unter anderen die Biermösl Blosn, der Zither-Manä, die Umweltinitiative Pfaffenwinkel, Öko-Landbauverbände und Autor Andreas Wagner für sein Buch „Todesmarsch“.