Neuburg
Eine weltweit einzigartige Ressource

Neuburger Unternehmen Hoffmann Mineral plant weit in die Zukunft und sichert sich Abbaustandorte

01.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:36 Uhr

Vom Tagebau wird die Kieselerde ins Neuburger Werk gebracht. Mit viel Wasser wird sie dort von Gestein und Sand gereinigt und immer weiter verfeinert und aufbereitet, wie Firmenchef Manfred Hoffmann (rechts) zeigt - bis sie zur Trocknung bereit ist und in die ganze Welt verkauft wird. - Fotos: Schanz, Hoffmann Mineral

Neuburg (DK) Weltweit einzigartig ist die Qualität der Neuburger Kieselerde. Seit über 100 Jahren baut Hoffmann Mineral den seltenen Rohstoff ab - und will das noch in 100 Jahren tun. Dafür hat sich das Unternehmen weitere Standorte gesichert - der Stromtrassenstreit gab dabei einen starken Schub.

Als vor zwei Jahren der Widerstand gegen die gefürchteten Gleichstromtrassen in der Region seinen Höhepunkt erreichte, Demonstranten ihre Plakate und Banner in die Luft hielten und der Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer sein Versprechen gab, die Trasse werde so nicht kommen, da suchte man auch auf den unteren politischen Ebenen nach Bollwerken gegen die Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums. Manfred Hoffmann erinnert sich noch genau, als Landrat Roland Weigert mit einer ungewöhnlichen Bitte auf ihn zukam: Hoffmann Mineral sollte sich schnell neue Abbaustandorte im Trassengebiet sichern. "Der Landrat hat schnell erkannt, dass wir mit unserem Rohstoffabbau Pläne stoppen können", sagt auch der Technische Leiter Karlheinz Schmidt. Die Rechnung sah so aus: Bergbaurecht ist Bundesrecht - und Bundesrecht kann Bundesrecht brechen. Gesagt, getan: In mehreren Gemeinden gingen neue Anträge auf Abbaugebiete ein und wurden meist in Rekordgeschwindigkeit abgesegnet, wie in Wellheim und Rennertshofen. Nur die Nassenfelser waren skeptisch. Manch einer sprach von einer Win-win-win-win-win-Situation. Hoffmann Mineral, der Landrat, die Gemeinden, die Stromtrassengegner und nicht zuletzt die Grundeigentümer sollten gewinnen - auf der Verliererseite einsam das Bundeswirtschaftsministerium.

Heute sind die Pläne für die Stromtrasse erst mal vom Tisch. Die Abbaugebiete für Hoffmann Mineral haben dagegen Bestand, wie in Rennertshofen. "Wir haben in dieser Zeit elf neue Standorte geschaffen, normalerweise im Jahr durchschnittlich einen", sagen Hoffmann und Schmidt, die in der Region alle Kieselerdevorkommen kennen (siehe Karte). Auch im Landkreis Eichstätt liegen Potenziale - ein Grund dafür, warum die Unternehmensgruppe die Firma Duro-Druck nach Wellheim verlegt. All das erleichtert die langfristige Planung, denn bei Hoffmann Mineral denkt man auf Jahrzehnte voraus - und Jahrmillionen zurück.

Vor 90 Millionen Jahren bildete sich der Rohstoff, den das Unternehmen heute ausbeutet. Die Neuburger Kieselerde entstand, als die Region noch von einem warmen Meer umspült wurde. Im Neuburger Fjord lagerten sich viele Sedimente ab, neben Tonen und Sanden auch die Kieselerde, die durch Verwitterung von Gesteinen entstand. Das Wasser ging und ließ die Erden zurück. Viele schürften Anfang des vergangenen Jahrhunderts nach dem Rohstoff, der für die Ultramarinblau-Farbherstellung begehrt war. In einem harten Verdrängungswettbewerb setzten sich der Neuburger Franz Hoffmann und später seine Söhne durch. Heute fürchtet man in der Münchener Straße keine Konkurrenz mehr. Kaum vorstellbar, dass in dem hoch spezialisierten Markt ein anderes Unternehmen gegen den alteingesessenen Lokalmatador antreten könnte.

"Diese Art der Kieselerde gibt es weltweit nirgends sonst und man kann sie auch nicht künstlich herstellen", sagt Firmenchef Manfred Hoffmann. Lediglich der Bestandteil Kaolin lasse sich künstlich in einen ähnlichen Zustand bringen. Begehrt ist die Neuburger Kieselerde wegen ihrer guten Einmischbarkeit zur Produktion vieler Stoffe. Manfred Hoffmann vergleicht das mit dem Mehl beim Backen: Je weniger es Klumpen bildet, desto besser der Kuchen. Das Pulver ist in vielen Produkten enthalten, von Gummi bis zu Farben und Lacken, vom Latexfaden bis zum Autopflegemittel, das die Hoffmann-Gruppe mit der Tochter Sonax gleich selbst herstellt.

125 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftete die Unternehmensgruppe mit ihren 528 Mitarbeitern - davon 43 Azubis - im vergangenen Jahr. Hoffmann Mineral allein kam dabei auf 27,1 Millionen Euro Umsatz. "2015 hatten wir einen kleinen Rückgang bei Mineral, dafür hatten wir von 2013 auf 2014 einen großen Sprung um mehrere Millionen Euro", erklärt Manfred Hoffmann die Zahlen. Der niedrige Ölpreis wirkt sich negativ auf das Neuburger Mineralunternehmen aus: Je höher die Energiepreise, desto größer der Wettbewerbsvorteil der Neuburger, die in der Kieselerde-Veredelung relativ wenig Energie brauchen und gegen energiestarke Konkurrenten punkten können.

Den Brexit sieht man in der Unternehmensführung übrigens gelassen, geht man doch fest davon aus, dass der Handel weiterhin relativ ungestört möglich sein wird. "Die Russlandsanktionen haben uns schon eher getroffen, aber unser Export dorthin stand noch am Anfang", sagt Hoffmann. Als Ziel hat er gesetzt, rund 60 000 Tonnen Kieselerde im Jahr zu verkaufen: "Wir wollen unseren Absatz auf moderate Weise ausbauen."