Neuburg
Doppeljubiläum

Die Zufluchtstätte für Frauen in Not feiert 30-jähriges Bestehen – "Frauen beraten" wurde vor 15 Jahren gegründet

13.12.2015 | Stand 02.12.2020, 20:26 Uhr

Ohne sie wäre würde die Zufluchtstätte nicht funktionieren: Die Ehrenamtlichen sind die ersten Ansprechpartner für Frauen, die die Notrufnummer (0 84 31) 6 02 88 gewählt haben - Fotos: Belzer

Neuburg (DK) „Tragisch ist jeder Fall“, erzählt Christa Söllner. „Kalt lässt einen das nie.“ Die Königsmooserin ist seit über 15 Jahren ehrenamtlich für die Neuburger Zufluchtstätte tätig. Gemeinsam mit sieben weiteren Kolleginnen ist sie die erste Ansprechpartnerin für Frauen, die derart in Not geraten sind, dass sie die Notrufnummer (0 84 31) 6 02 88 wählen.

Am Sonntagvormittag feierte nun die Zufluchtstätte ihr 30-jähriges Bestehen, die staatlich anerkannte Stelle „Frauen beraten“ existiert bereits seit 15 Jahren. Träger beider Einrichtungen ist die Diakonie Ingolstadt. Und so feierten beide auch gemeinsam „Doppeljubiläum“ in den Gemeinderäumen der Christuskirche. Diakon Christof Bayer, Vorstand des Diakonischen Werks Ingolstadt, blickte in seinem Grußwort zurück: „Manchmal wurden die Frauen nur im Nachthemd bekleidet von der Polizei zu uns gebracht.“ Man habe in Neuburg vor 30 Jahren begonnen, sich Gedanken zu machen, wie man Frauen, die Opfer von physischer, psychischer oder sexueller Gewalt wurden, helfen kann. Die Drei-Zimmer-Wohnung, deren Adresse aus Sicherheitsgründen geheim gehalten wird, hat sich etabliert – und ist so gut wie immer voll belegt mit Frauen, die nicht wissen, wohin sie sollen, die keinen anderen Weg sehen. In der Zufluchtstätte finden sie Schutz, können zur Ruhe kommen, erfahren Beistand und Unterstützung. Der Tagesablauf, der Haushalt, die Versorgung der Kinder: Das alles bleibt in der Verantwortung der Frau.

Maria Bayer ist die Vorsitzende des Trägervereins der Stelle „Frauen beraten“. „Anlass vor 15 Jahren anzufangen war der Ausstieg der katholischen Kirche aus der Schwangerschaftsberatung“, erinnerte sie sich. „Wir waren der Überzeugung, dass wir mit Rat und Tat in allen Lebenslagen den Frauen beistehen müssen, auch in schwierigen Zeiten.“ Als staatlich anerkannte Schwangerschaftsberatungsstelle darf „Frauen beraten“ auch den Schein ausstellen, der für einen Schwangerschaftsabbruch nötig ist. „Deshalb wurden wir anfangs als ,Abtreibungsverein’ angefeindet“, erzählte Bayer. Dabei – und das betonte die Vorsitzende deutlich – würden die Mitarbeiterinnen die Frauen völlig ergebnisoffen beraten.

Stellevertretende Landrätin Sabine Schneider zitierte aus dem Grundgesetz: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich.“ Wenn jedoch dieses Recht in den eigenen vier Wänden verletzt werde, dann sei dringend Hilfe erforderlich. Auch heute werde Gewalt in der Familie oft noch „verheimlicht, geleugnet oder bagatellisiert“. Schneider wies ausdrücklich darauf hin, dass die Arbeit der Zufluchtstätte weiterhin notwendig sei. Sie nannte eine europäische Studie vor, wonach 22 Prozent der befragten Frauen Erfahrungen mit körperlicher und/oder sexueller Gewalt in der Partnerschaft gemacht hätten. „Man sieht also“, so die stellvertretende Landrätin, „dass häusliche Gewalt ein weit verbreitetes Problem ist, welches im Übrigen in allen gesellschaftlichen Schichten auftreten kann“. Für die Stadt Neuburg bedankte sich der stellvertretende Bürgermeister Rüdiger Vogt bei den Einrichtungen. „Beide gehören zum festen Sozialgefüge der Stadt.“