Neuburg
Die SPD will Barrierefreiheit

Stadtrat hört Erfahrungen behinderter Menschen und beauftragt die Bauverwaltung

24.02.2015 | Stand 02.12.2020, 21:37 Uhr

Ohne Hilfe geht hier nichts: SPD-Stadtrat Heinz Schafferhans schiebt Bernhard Reiter von der Harmonie in Richtung Rathaus. Kopfsteinpflaster und hohe Bordsteine setzen Rollstuhlfahrer Reiter außer Gefecht. Die Sozialdemokraten haben das Thema aufgegriffen, die Bauverwaltung wird sich nun verstärkt auf Barrierefreiheit konzentrieren. - Foto: Frank

Neuburg (DK) Neuburg will den Bedürfnissen behinderter Menschen stärker Rechnung tragen. Der Stadtrat folgte gestern Abend einem Antrag der SPD-Fraktion, die mehr Barrierefreiheit erreichen will.

Wer auf gesunden Beinen und mit voller Sehkraft durch die Stadt läuft, dem fallen sie wahrscheinlich gar nicht auf, die großen und kleinen Hindernisse, die einen Menschen mit Handicap sehr stark beeinträchtigen können. Die SPD-Fraktion hat das Thema in einen Antrag verpackt, der nun einstimmig verabschiedet wurde. Kernaussage: Die Verwaltung soll bei Planung und Bau auf Barrierefreiheit achten.

Das wird zwar bereits seit Jahren getan, aber Hürden gibt es genug. Wie die aussehen und wo sie sich befinden, darüber informierten die stark sehbehinderte Brigitta Graf aus der oberen Altstadt und Rollstuhlfahrer Bernhard Reiter. Er wohnt in der unteren Stadt, arbeitet aber in der Harmonie, die er nur mit dem Auto erreichen kann. Schon die Stadtbergauffahrt ist für den Rollstuhl zu steil und kräftemäßig von Reiter nicht zu bewältigen. Möchte er von seinem Arbeitsplatz in der Harmonie zum Rathaus hinüber, ist er auch auf fremde Hilfe angewiesen. Vor der Rathaussanierung wäre die Fahrt spätestens an der hohen Treppe gescheitert. Jetzt gibt es einen Aufzug im Allerheiligsten. Gehsteige, die zur Straße geneigt sind, erhöhte Kellerlichtschächte auf dem Gehweg, grobes, unebenes Kopfsteinpflaster, all das macht dem Stadtmitarbeiter zu schaffen. Die Behindertenparkplätze vor der Harmonie sind seiner Ansicht nach für Rollstuhlfahrer völlig unbrauchbar.

Mit anderen Problemen ist Brigitta Graf konfrontiert. Ihre Sehkraft beträgt nur noch wenige Prozent. Mehrfach schon sei sie unterwegs schwer gestürzt. „Zweimal der Länge nach über einen Radlständer“ vor einer Gaststätte am Schrannenplatz, auch über eines der mobilen Verkehrsschilder, die auf einem soliden Ständer ruhen, ist die Frau schon gefallen. An einem Betonklotz an der Luitpoldstraße hat sie sich am Schienbein verletzt und auch mit den Holzlatten, die am Amtsgericht schräg an die Außenmauern gelehnt werden, um vor Dachlawinen zu warnen, hatte sie schon ihre Probleme. Einmal fiel so eine Latte auf ihren Blindenhund, der dabei aber nicht verletzt wurde. Die Färber- und Rosenstraße meidet die Frau, weil dort „alles mögliche auf dem Gehweg steht, Aufsteller und Fahrräder“. In diesen Bereichen, so erklärte Oberbürgermeister Bernhard Gmehling, dürfte Brigitta Graf auch auf der Fahrbahn gehen, weil dort jeder Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sei.

Von Verkehrsschildern, die in Kopfhöhe angebracht sind – „wenn ich da reinlaufe, habe ich mir das Gesicht gespalten“ – über mangelhaft abgesicherte kleine Baustellen bis hin zu grobem Kopfsteinpflaster, in dem sich der Blindenstock immer wieder verfängt, reichen die Problemzonen.

Die Altstadt behindertengerecht umzubauen, werde nicht gehen, meinte der OB, „aber wir schauen nach, ob wir noch weitere Gefahrenpunkte haben“. Dass man bereits jetzt auf die Belange behinderter Menschen achte, versicherte Stadtbaumeister Dieter Reichstein. Er erinnerte an die Sanierungsfälle Franziskanerstraße, Wolfgang-Wilhelm-Platz, Weinstraße und Oswaldplatz. Reichstein zeigte sich zuversichtlich, dass Neuburg in acht Jahren ein für gehandicapte Menschen lebenswerter Raum sein werde.