Neuburg
Der Kirchturm hält die Glocken aus

Zehn Monate nach dem Simsabsturz wird in Ried saniert "Probeläuten" und Ringanker

20.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:45 Uhr

Foto: Winfried Rein

Neuburg (r) Es hat gedauert und gedauert - zehn Monate nach dem Steinsturz vom Turm der Pfarrkirche in Neuburg-Ried wird das Malheur endlich bereinigt. Maurer der Firma Senner bringen den Turmkranz derzeit in Ordnung. Ende August wird abgerüstet, und die Rieder Glocken dürfen wieder läuten.

Ein "krachendes Geräusch" hatte am 16. September gegen 21 Uhr die Anwohner der Umgebung aufgeschreckt. Es hörte sich so an, "als wäre ein alter Stadel zusammengebrochen", erinnert sich ein Ohrenzeuge. Es war aber ein drei Meter langes Steingesims gewesen, das vom Kirchturm abbrach, auf das Dach stürzte und auf Gräbern am Friedhof zerschmetterte. An die 100 Kilogramm mögen es gewesen sein.

"Glück gehabt, wir danken Gott dafür", war danach häufig zu hören. Kein Mensch war am Friedhof, niemand ist getroffen worden. Baumängel an Kirchtürmen und Holzdecken haben die Vertreter der Diözese Augsburg sensibilisiert. Das gilt insbesondere nach dem Zwischenfall in der Sankt-Blasius-Kirche in Vorderburg (Landkreis Oberallgäu). Am Christi-Himmelfahrtstag heuer im Mai fiel Putz von der Decke und verletzte vier Gottesdienstbesucher.

In Neuburg-Ried ließ sich die Haftungsfrage relativ schnell klären. Das 2009 mit der Außensanierung beauftragte Münchener Statikbüro räumte ein, dass bei Endabnahme ein Baufehler übersehen worden war. Handwerker hatten damals die Gegengewichte der acht Turmsimse abgeschlagen, um neue Hölzer zu platzieren. An den Simsen traten Risse auf, die Vibration des Glockengeläutes verstärkten das Malheur. Am 16. September brach ein Sims ab und fiel herunter. Stadtbauamt, Diözesanbauamt, Kirchenverwaltung, Denkmalamt und Versicherungen behandelten den Fall. Monate vergingen und die Rieder Glocken schweigen.

Die örtliche Firma Georg Senner hat eine praktikable Lösung gefunden. Ihre Mitarbeiter mauerten u-förmige Ziegel auf den Turmkranz und setzten in die Aussparungen einen Ringanger aus Metall ein. Derzeit verputzt Maurer Roland Weidenhiller Zug um Zug den Außenkranz. Mit einer Schablone versucht er die barocke Form der Simse nachzuempfinden. "Es läuft ganz gut, in drei Wochen ist alles fertig", schätzt Unternehmerin Christina Senner. Sie hat grünes Licht gegeben, dass ab kommenden Sonntag wieder geläutet werden darf, "aber nur am Sonntag."

Ein "Testläuten" mit allen vier Glocken hat der Aufbau bestanden. Der Kirchenmaler soll dem neuzeitlichen Sims den letzten Schliff geben. An der Stabilität der Simse haben die Handwerker jetzt keinerlei Zweifel mehr.

Ende August soll das Gerüst verschwinden und das Geläut wieder eingeschaltet werden. Die geschätzten Kosten von rund 70 000 Euro - ein Teil davon entfällt auf das Gerüst - übernehme weitgehend die Versicherung des Statikbüros. Eine Wiedereinweihung wird es nicht geben. "Ein normaler Sonntagsgottesdienst reicht aus", sagt Stadtpfarrer Herbert Kohler.