Neuburg
Bislang nur ein Gedankenspiel

Bund Naturschutz regt Nationalpark Donau-Auwald und Isarmündung an

14.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:11 Uhr

Der Natur Raum geben. Eisvogel und Specht fühlen sich im Donau-Auwald zu Hause. Ein Nationalpark böte den stärksten Schutz für ihre Heimat. - Fotos: Heidemeier (2) / Schanz (1)

Neuburg (DK) Es ist still geworden um das Thema Nationalpark Donau-Auen. Weder regt sich Widerspruch, noch sind gegenteilige Bewegungen zu verzeichnen. Lediglich der Bund Naturschutz erinnert daran, dass die Auwälder des Stromes schutzwürdig sind.

Im August machte eine Projektgruppe des Bayerischen Umweltministeriums in Neuburg Station, die den Freistaat auf der Suche nach einem möglichen dritten Nationalpark auf geeignete Landschaften abklopft (wir berichteten). Das Interesse der Gruppe galt den Donau-Auen, denn die sind von überregionaler Bedeutung, nachdem landauf landab Auwälder in der Vergangenheit verschwunden oder zur reinen Galerie verkommen sind. Was sich zwischen Lechmündung bei Marxheim und der Autometropole Ingolstadt noch rechts und links dieses internationalen Flusses findet, hat somit Reliktcharakter. Ob die Donau im Suchlauf der Ministerialen aktuell überhaupt noch im Rennen ist, ist nicht bekannt. Eine Anfrage vom Freitag beim Umweltministerium blieb unbeantwortet.

Auf lokaler Ebene befindet sich das Thema im Ruhemodus. Landratsstellvertreter Alois Rauscher (CSU) war Mitte August noch begeistert. "Wir dürfen nicht abwarten, sondern müssen ganz offensiv an die Sache herangehen", hatte Rauscher seinerzeit versichert, nachdem er als alter Fahrensmann der Landwirtschaftsverwaltung die Erfolgsgeschichte des Nationalparks Bayerischer Wald miterlebt hat. Dass es sich um eine solche handelt, bestätigte die stellvertretende Landrätin Helga Weinberger (CSU) im Landratsamt Freyung. "Ohne Nationalpark wären wir tourismusmäßig nicht so weit", sagte sie im Gespräch mit dem DONAUKURIER. "Wir wären ein Stück ärmer, wenn wir den nicht hätten. Ich bin ein großer Befürworter." Gastronomie und Hoteliers profitierten von dem Park. Und nicht nur sie.

In dieselbe Kerbe hieb auch Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) bei ihrer Ankündigung, der Freistaat bekomme neben den Nationalparks Bayerischer Wald und Berchtesgadener Land noch einen dritten. Im Bayerischen Wald, so die Ministerin, würden jährlich 1,5 Millionen Besucher gezählt, was der Region eine Wertschöpfung von mehr als 20 Millionen Euro beschere. Im Berchtesgadener Land sind es 1,6 Millionen Besucher und etwa 14 Millionen Euro, die in die Kassen gespült werden.

Scharf versicherte noch vor Monaten, sie wolle beim Naturschutz "ein Ausrufezeichen" setzen und versprach ein offenes und transparentes Verfahren. Verschwörungstheoretiker mutmaßen hingegen, dass Scharf taktiert habe und mit ihrer Offerte lediglich den Steigerwald aus der Schusslinie nehmen wollte. Der gilt beim starken und mit rund 220 000 Mitgliedern mächtigen Bund Naturschutz Bayern als der Heilige Gral, ob seiner alten, wertvollen Buchenbestände. Erst Anfang Oktober forderte der BN-Landesverband, den Steigerwald vorrangig mit dem höchsten Schutzstatus "Nationalpark" zu versehen. Daneben, so teilte Landesbeauftragter Richard Mergner mit, hätten Spessart und Ammergebirge ebenfalls das Potenzial für weitere Nationalparks. Großflächige Schutzgebiete sind für den Bund Naturschutz in der Rhön, den Donau- und Isarauen, auf den Truppenübungsplätzen Hohenfels und Grafenwöhr zumindest prüfenswert. Die Auwälder entlang der Donau und im Isar-Mündungsgebiet könnten nach Verständnis des BN ein auf mehrere Gebiete verteilter Nationalpark werden. Privatwald soll dabei nicht angetastet werden. Beim Wittelsbacher Ausgleichsfonds als großem Waldbesitzer setze dies, so Mergner, einen freiwilligen Landtausch voraus. Nun wächst die Freiwilligkeit bekanntlich mit der Großzügigkeit des Angebots, womit der Freistaat wieder die Bühne betritt.

Das Haus Seehofer will den Steigerwald partout nicht zum Nationalpark machen, auch wenn sich dort nach Mitteilung des Bundes Naturschutz inzwischen vermehrt Kommunalpolitiker für den Schutzstatus starkmachen und sogar Oberfrankens IHK-Präsident Heribert Johann Trunk den Ministerpräsidenten wissen ließ, die Wirtschaft Oberfrankens wünsche sich einen Nationalpark Steigerwald.

Solche Allianzen fehlen bislang an der Donau. Hier herrscht Schweigen im Walde und selbst die üblichen Empörungsbeauftragten aller Couleur blasen noch nicht zur Hatz pro oder contra. Landrat Roland Weigert (FW) hat zumindest einen Vorstoß bei Ingolstadts OB Christian Lösel (CSU) unternommen, um Partner ins Boot zu holen. Weigert steht dem Gedanken, die Donau-Auen unter Schutz zu stellen durchaus positiv gegenüber und möchte dafür auch Landrat Stefan Rößle (CSU) aus dem Donau-Ries gewinnen.

Einer, den man nicht mehr zu gewinnen braucht, ist Ingolstadts Umweltreferent Rupert Ebner (Grüne). Der umtriebige Tierarzt hat sein Bekenntnis längst abgelegt. "Es wäre eine echte Alternative, eine Chance für die ganze Region", ist er überzeugt.

Nun hätte ein Nationalpark vor der Haustüre Horst Seehofers sicher gute Chancen. Andererseits hat der Ministerpräsident der Stadt Neuburg Hilfe für den Bau einer zweiten Donaubrücke zugesichert. Und eben diese zweite Brücke ist es, die einem Nationalpark nach Auffassung von BN-Kreisvorsitzendem Günter Krell das Genick brechen könnte. Sie würde den Auwald durchschneiden. Damit werde der Wert der Landschaft gemindert, das ökologische Geflecht südlich und nördlich der Donau sei dann nicht mehr gewährleistet. "Eine solche Durchschneidung ist nicht ausgleichbar. Das ist der schwerste Eingriff in so ein Waldgefüge. Die Zerstückelung ist unumkehrbar." Nationalpark ade? Krell, der auf Kreisebene und im Landesverband des BN aktiv ist, will nicht klein beigeben. "Wenn es so weit ist, werden wir vor einer Klage nicht zurückschrecken", verspricht er. Schließlich werde hier in das europäische Naturerbe eingegriffen. "Damit wird der BN nie einverstanden sein."