Musik und lustige Spielszenen

10.04.2009 | Stand 03.12.2020, 5:02 Uhr

Rechtsanwalt Dr. Krusius und seine Schwester Gitta werden unfreiwillig Urheber der Verwechslungskomödie, die sie hier im ersten Akt noch im Griff zu haben scheinen.

Neuburg (DK) Es prickelt – vor und hinter der Bühne. "Aufgeregt? Ja schon, aber nicht mehr als sonst auch", beschreibt Theaterchefin Birgit Haußmann die Atmosphäre im Neuburger Volkstheater. Am Ostersonntag hebt sich erstmals für Treffpunkt Tegernsee unter Regie von Oliver Vief der Vorhang.

Auf der Bühne singen sich Solisten und Chor ein, im Parkett sitzt Gesangslehrerin Carmen Beck und unterstützt, wo sie kann. Für sie ist es eine besondere Herausforderung, sowohl mit bereits vorgebildeten Chorsängern als auch mit absoluten Anfängern zu arbeiten. "Ich habe viel dazugelernt", sagt sie, "es war nicht immer leicht herauszufinden, was jeder Einzelne gerade von mir brauchte". Und das gilt nicht nur für die Sänger, denn wenn Nikola Kloss beide Hände für ihre Querflöte braucht, dann wirkt Beck als Codirigentin mit.

Wer gerade nicht auf den Brettern, die die Welt bedeuten, steht, der findet am Catering-Bufett hinter der Bühne Stärkung und Gesellschaft. "Wir hatten schon immer gute Verpflegung", erzählt Haußmann. Von Ostereiern und Streichwurst, Salzstangen und Käse, Kuchen und Torten lässt sich während der anstrengenden Proben zehren. "Die pfeifen aus dem letzten Loch", kommentiert Eberhard Spieß anerkennend gemeint, aber missverständlich, die Gesangsprobe nebenan. Gesangslehrerin Carmen Beck holt alles aus den Sängern heraus, feilt hier, feilt da, probiert, ändert und lässt die Musiker das Tempo wechseln, bis Kloss protestiert: "Jetzt gefällt es mir musikalisch nicht mehr". Feinheiten, die der unbedarfte Zuhörer kaum mitbekommen dürfte, die den Akteuren aber wichtig sind. Volles Engagement auf der ganzen Linie ist hier angesagt, dabei aber kommen Spaß und Spielfreude keineswegs zu kurz. "Der Chor wird immer besser, der hat richtig Eigendynamik entwickelt", begeistert sich Haußmann und Spieß ist voll des Lobes für Beck, die gerade Sopran und Tenor auf den Ton "h" der Querflöte einschwört.

Situationskomik, ein feines, ironisches Augenzwinkern in Richtung bayerischer Mentalität, aber auch große Gesten und Aufmärsche wie die Wildsauhatz zu Beginn peppen die Verwechslungskomödie auf. Authentizität ist Spielleiter Hermann Vief, der die lange verschollene Jessel-Operette bearbeitete, sehr wichtig, weshalb er sogar nachrecherchierte, ob es am Tegernsee überhaupt Wildschweinjagden gab. Es gab sie – aber nur eine einzige, und zwar genau zu Jessels Zeit, weshalb Vief die opulente Massenszene im Libretto von Aksel Lund und Erik Radolf beließ.

Eine Posse um drei Paare, die zueinander finden, nachdem ein junger Rechtsanwalt eine Heiratsannonce für seine Schwester aufgab und dadurch eine Kette von Verwicklungen in Gang setzt? Das klingt nach Standard, ist es aber nicht, betont Hermann Vief. Ihm haben es vor allem acht "in die Tiefe gehende Figuren", die zudem praktisch gleichwertig auf der Bühne stehen, sowie "drei kunstvoll ineinander verwobene Handlungsstränge" angetan. Hinzu kommen "traumhafte Walzermelodien und eingängige Lieder, die das Zeug zum Gassenhauer haben", wie der rührige Theatermann schwärmt, der ein unpassendes Skatspiel hinauswarf und durch Watten ersetzte, zwei Figuren je einen neuen Beruf gab, zwei neue Charaktere hinzufügte, dafür etliches Tegernseer Volk hinauswarf, da das Ensemble nicht über genügend Akteure verfügt und zudem zahlreiche Rollen nur aus einem einzigen Satz bestanden.

"Aus meiner Sicht hat Treffpunkt Tegernsee mehr Potential als das Schwarzwaldmädel", attestiert Kloss dem jüngsten Projekt des Volkstheaters. Sie hat aus dem großen Orchesterwerk eine Essenz erstellt, die für das kleine Ensemble mit Soloinstrumenten geeignet ist. Zwei Geigen, Flöte, Bratsche, Cello, Klavier, Schlagzeug und Gitarre stehen ihr neben der eigenen Querflöte zur Verfügung.

Aber auch die Freunde des Volkstheaters, die weniger Wert auf Musik legen, dafür schauspielerisch anspruchsvolle oder lustige Szenen erwarten sollten auf ihre Kosten kommen, wen beispielsweise Norbert Heine als sächselnder Herr Schmidt Kellnerin Martl (Daniela Zimmermann) "verkasematuckelt" oder Fritz Müller seiner Enkelin Lieserl (Katharina Spieß) mittels Mütze vorenthält, was er besonders gerne sieht . . .