Kleinhohenried
Kreisräte gegen Biberabschuss

Landrat: "Mit der Kugel hat man noch nie ein Problem gelöst" Nun ist ein Gutachter gefragt

21.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:09 Uhr

Kleinhohenried (DK) Vor Jahrzehnten sind die Burgherren zurückgekehrt. Ihre Ansiedlung wurde zur Erfolgsgeschichte. Inzwischen ist kaum ein Tier so umstritten wie der Biber. Nun darf man dem großen Nager auch mit Pulver und Blei zu Leibe rücken. Doch dagegen wehren sich Landrat und Kreisräte.

Der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen ist im Zuge der stetigen Ausbreitung nicht nur Biberland geworden, der Umgang mit dem Rückkehrer ist hier auch beispielhaft. Das sogenannte Bibermanagement mit einem dichten Netz aus Beratern, für deren ehrenamtliche Arbeit am Donnerstag in der Sitzung des Natur- und Umweltausschusses im Haus im Moos für das Jahr 2017 wieder 15 000 Euro bereitgestellt wurden sowie die umfangreiche Kartierung im Drei-Jahres-Turnus, hat überregionales Interesse geweckt. Besucher auch aus dem Ausland haben sich informiert, wie mit diesem heimischen Wildtier umzugehen ist. Doch gilt bekanntlich der Prophet im eigenen Land nichts. "Der Biber ist nicht konfliktfrei. Er haut Bäume um und ist halt keine Libelle", bedauerte Landrat Roland Weigert (FW) in der Ausschusssitzung. Immer mehr werde der Biberabschuss gefordert. Diese Vorgehensweise werde auch von der Staatsregierung so gesehen. "Ich habe da erhebliche Bedenken. Es ist die Frage, wie man mit einem Tier umgeht. Der Schuss aufs Wasser sei ein schwieriges Thema. Werde der Biber, der dämmerungs- und nachtaktiv ist, an Land geschossen, könne der Fall eintreten, dass das angeschweißte Tier das Wasser annimmt, abtaucht und elendiglich zugrunde geht. "Einen Hund kann man da nicht ansetzen", sagte Weigert, selbst erfahrener Jäger. Aus diesem Grund sei der Abschuss nicht tierschutzgerecht. Man habe sich bei staatlichen Stellen erkundigt und die eigene Annahme bestätigt bekommen, dass der Abschuss nicht mit dem Tierschutz konform sei. Diese Ansicht vertrat auch Alfred Hornung (CSU), als Förster ein Fachmann in Fragen der Jagd. Nun soll ein Wissenschaftler diese Frage klären.

Der Landrat sieht sich immer wieder Anfeindungen ausgesetzt, weil der Großnager Schäden anrichte. Sollte der Gutachter zum Ergebnis kommen, dass Pulver und Blei das rechte Mittel sind, müsse entweder der jeweilige Revierpächter die Aufgabe übernehmen, "oder das Landratsamt schickt einen Abschussberechtigten hinaus", sagte der Landrat. "Ich habe aber Bedenken. Mit der Kugel hat man noch nie ein Problem gelöst."

Bislang waren sich die Kreisräte einig, dass die Nager an heiklen Stellen, wie etwa bei der Besiedelung von Kläranlagen, mit einer der rund 500 Euro teuren Lebendfallen gefangen werden. "Tiergerecht muss es zugehen", forderte Peter Märtl (FW). Vor einigen Jahren wurden solche Exemplare noch exportiert, zum Beispiel ins Donaudelta, um dort eine Population aufzubauen. Doch die Nachfrage ist erloschen. Tiere, die jetzt in die Lebendfalle gehen, erhalten den Gnadenschuss. Damit sie nicht unnötig lange in den Käfigen Stress ausgesetzt sind, hat die Untere Naturschutzbehörde heuer zehn Melder gekauft. Ist einer der Nager dingfest gemacht, erhält der Biberberater eine Nachricht auf sein Handy und kann sofort reagieren. Das ist die Idee. Sollte das System funktionieren, werden weitere Melder gekauft. Für Investitionen in Fallen und elektronische Ausstattung sprach sich Ludwig Bayer (FW) aus. Er regte überdies an, das Thema Fallenfang bei der Biberfachtagung am 17. November im Haus im Moos zu behandeln, was heuer aus organisatorischen Gründen aber wohl nicht mehr möglich sein wird. Im kommenden Jahr, so versicherte Naturschutzreferent Siegfried Geißler, werde dafür breiter Raum sein.

Der Biber polarisiert, auch im Natur- und Umweltausschuss. Während Paul Strixner (FW) die Ansicht vertritt, "die Population ist an der Grenze angelangt" und Tier dürfe nicht vor Mensch gehen, sieht das Peter Mießl (SPD) völlig anders. "Der Biber lebt auf einem Grundstück, an dem ich Miteigentümer bin, und wir lieben ihn."

Hat Castor fiber, wie der Biber wissenschaftlich heißt, vornehmlich in der Landwirtschaft durch Fällungen und das Unterhöhlen von Wegen, Wiesen und Feldern einen schlechten Ruf - im Jahr 2015 summierte sich der Schaden im Kreis auf etwa 22 000 Euro - sehen Wissenschaftler in ihm einen Öko-Katalysator. Wo die bis zu 30 Kilogramm schweren Tiere werken, erhöht sich die Biodiversität. In Biberteichen laichen Amphibien, Jungfische finden Deckung im Astgewirr seiner Dämme, Libellen und Sumpfpflanzen haben dort eine Heimstatt. Von der steigenden Insektenanzahl wiederum profitieren Vögel und Fledermäuse. Vom Biber geschaffenes Totholz ist sehr lebendig. Pilze, Farne, Moose, Käfer, Spechte und Fledermäuse gehören zum Gefolge des Wasserbaumeisters. 140 Biberreviere wurden bei einer Bestandserfassung im Jahr 2013 im Landkreis aufgelistet. Die Masse an den Flüssen Donau und Paar. Zwölf Tiere wurden 2015 gefangen - wegen der Jungenaufzucht in den Herbst- und Wintermonaten. 19 Tiere wurden tot gefunden. Sie fielen dem Straßenverkehr zum Opfer.