Herrenwörth
"Ich orientiere mich gerne an Sami"

Fußballer Rani Khedira vom FC Augsburg beantwortet in der JVA geduldig die Fragen der Insassen auch zu seinem berühmten Bruder

23.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:10 Uhr

Fragerunde hinter Gittern: Fußballer Rani Khedira (v.l.), JVA-Leiter Ernst Meier-Lämmermann, Nico Kempf von der Sepp-Herberger-Stiftung des DFB und Günther Brenner vom bayerischen Fußball-Verband im Gespräch mit Häftlingen der Neuburger Einrichtung. - Foto: Janda

Herrenwörth (DK) Wie viel verdient eigentlich ein Fußballer? Welches Auto fährt er? Und wie viele Trainingseinheiten stehen pro Woche auf dem Programm? Ganz schön viele Fragen, die Fußballstar Rani Khedira vom Bundesligisten FC Augsburg an diesem Donnerstagnachmittag in der Justizvollzugsanstalt Neuburg-Herrenwörth beantworten muss. Im Zuge des Projekts "Anstoß für ein neues Leben" ist der 23-Jährige in die Einrichtung gekommen, um mit den Insassen zu sprechen.

Die scheuen bei ihren Fragen selbst vor privaten Details nicht zurück und glänzen mit Fachwissen.

Der junge Mann, der da im roten Trainingsanzug vor den Häftlingen sitzt und mit ruhiger Stimme von seinem Werdegang erzählt, ist das perfekte Vorbild für jugendlichen Straftäter. Der gebürtige Stuttgarter hat mehrfach für deutsche Jugendauswahlteams auf dem Rasen gestanden und mit RB Leipzig im Sommer die Vize-Meisterschaft gewonnen, dabei aber trotz aller Konzentration auf seine sportliche Karriere ein zweites berufliches Standbein nicht außer Acht gelassen und eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann absolviert. Genau das, dass die Häftlinge nach ihrer Entlassung, mit beiden Beinen auf dem Boden und damit fest in der Gesellschaft verankert stehen, ist das Ziel der Initiative "Anstoß für ein neues Leben". Im Rahmen der Aktion der Sepp-Herberger-Stiftung des DFB ist Khedira gemeinsam mit den beiden Geschäftsführern des Klubs, Michael Ströll und Robert Schraml, in die JVA gekommen. "Hier ist ein Stück FCA-Land", betont Anstaltsleiter Ernst Meier-Lämmermann bei der Begrüßung und erinnert an den Besuch von Mittelfeldakteur Daniel Baier vor mittlerweile drei Jahren.

Auf dem Programm der rund zweistündigen Stippvisite Khediras stehen neben einer kleinen Trainingseinheit, bei der sich der Profikicker natürlich etwas zurückhalten muss, auch eine Autogrammstunde sowie die Fragerunde. Bei Kaffee, kalten Getränken und Kuchen spricht Khedira geduldig über seine Karriere, erklärt, warum er den Wechsel nach Augsburg überhaupt nicht bereut und wie hart der Alltag als Fußballer ist. "Ich habe letztes Jahr bei Leipzig zu wenig gespielt, um meinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden", findet der Kicker. Im Sommer nach seinem Vertragsende beim Vize-Meister zum FCA zu gehen, sei daher "die beste Entscheidung" in dieser Situation gewesen - eine Aussage, die seine beiden Begleiter natürlich gerne hören. Anders bei der Gehaltsfrage, die einer der Häftlinge unverblümt stellt. Die Antwort? "Das ist nicht so schlecht, aber vielleicht etwas ausbaubar." Gelächter im Saal. Auch bei Khediras Auto steigt die Stimmung. "Ein Audi Q 5", verrät der Fußballer und stellt damit die jungen Straftäter zufrieden. "Nicht schlecht", so der Kommentar des Fragestellers, der gleich nachhakt, ob sich Khedira auf die Weltmeisterschaft im Sommer freue. "Ja klar", sagt der, das sei für jeden Fußballer etwas Besonderes. Ob er dann selbst auf dem Platz stehen wird, lässt der Deutsch-Tunesier aber noch offen. "Es gibt eine Anfrage des tunesischen Fußballverbands, doch ich habe mich noch nicht entschieden." Wer weiß, vielleicht will er sich den Weg ins deutsche A-Team nicht vorschnell verbauen.

Sein bester Gegenspieler? "Thiago vom FC Bayern" - der hatte Khedira bei der 0:3-Pleite der Augsburger am Wochenende manches Mal blass aussehen lassen. Und sein größtes Vorbild? Da muss der Bruder von Weltmeister Sami Khedira nicht lange überlegen: "Da er schon viel erreicht hat, orientiere ich mich gerne an ihm", sagt er und bestätigt, dass sich sein Bruder bei Juventus Turin sehr wohl fühlt.