Neuburg
Haftstrafe für Abschlepper

58-Jähriger wegen "Wildwest-Methoden" zu einem Jahr und zwei Monaten Gefängnis verurteilt

25.04.2018 | Stand 02.12.2020, 16:30 Uhr
  −Foto: Schanz

Neuburg (DK) Für Amtsgerichtsdirektor Christian Veh war es "eine glasklare Sache". Deshalb verurteilte er am Mittwochnachmittag einen 58-jährigen Abschleppunternehmer zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und zwei Monaten. In der zweiten Verhandlungsrunde befand er den Mann des Betruges, der Amtsanmaßung, der Erpressung und falscher Angaben an Eides statt für schuldig. Der Sohn, der als Mittäter ebenfalls auf der Anklagebank saß, kam mit einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 30 Euro als "untergeordnete Figur" davon.

Der Unternehmer hatte im Oktober 2016 in der Bahnhofstraße und der Sudetenlandstraße in Neuburg an Baustellen der Stadt parkende Autos an den Haken genommen, abgeschleppt, die Betroffenen durch ein dominantes Auftreten eingeschüchtert und abkassiert. Als sich Betroffene, acht Geschädigte sind dem Gericht bekannt, bei der Polizei beschwerten, kam der Stein ins Rollen.

Wie sich herausstellte, hatte der der Mann mit dem Abschleppwagen weder von der Polizei noch von der Stadtverwaltung einen Auftrag. Zwar konnte er einen solchen präsentieren, doch den hatten Bauarbeiter unterschrieben, wohl im Glauben, es gehe darum, dass das Abschleppen für ihre Firma kostenlos sei. Außerdem sei der Auftrag nachträglich fingiert worden, befand die Staatsanwaltschaft.

Hatte der Seniorchef schon bei der ersten Verhandlung Mitte April Mühe sein Temperament zu zügeln, diesmal schlug er deutlich über die Stränge. Während des Plädoyers von Staatsanwalt Gerhard Reicherl fuhr seine Hand in Richtung Stirn, was ihm eine scharfe Warnung Reicherls einbrachte. Der Ankläger wurde laut, der Angeklagte brüllte zurück und meldete dann das dringende Bedürfnis an, auf die Toilette zu müssen. Darauf eilte er aus dem Saal und warf die Türe hinter sich zu, gefolgt von seinem Rechtsbeistand. Um das Verfahren in geordneten Bahnen zu halten und nichts eskalieren zu lassen, ließ Veh drei Polizeibeamte aufmarschieren. "Reine Vorsichtsmaßnahme", erklärte er und ermahnte den Angeklagten: "So können Sie sich hier nicht aufführen." Der hielt sich in der Folge zurück.

Nachdem die Natur zu ihrem Recht gekommen war, fuhr der Staatsanwalt fort: "Ich habe selten so einen Fall erlebt. Der Angeklagte hat uns angelogen von vorne bis hinten. Da braucht man sich nicht wundern, wenn man dafür die Quittung bekommt." Dass der 58-jährige drei Vorstrafen im Bereich Vermögensdelikte hat und sich in keiner Weise einsichtig zeigte, stimmte Reicherl nicht milder. Er forderte eine Gefängnisstrafe von eineinhalb Jahren ohne Bewährung wegen Betruges, Erpressung, Amtsanmaßung und falscher eidesstattlicher Versicherung. Letzteres resultierte aus einer Vermögensauskunft dem Gericht gegenüber, bei der der rustikale Unternehmer und gelernte Automechaniker Kapitalanlagen bei Versicherungen verschwiegen hatte.

Verteidiger Helmut Eikam, der mit seinem Mandaten seine liebe Not hatte, fand in der ganzen Angelegenheit subtile Rechtsfragen, die ein Laie - also sein Mandant - nicht kennen müsse. Er plädierte für eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen für die falschen eidesstattlichen Angaben, vermochte aber ansonsten kein Verschulden des 58-Jährigen zu erkennen.

Der Vorsitzende Richter sah im Senior den Haupttäter, der sich auf den Baustellen ziemlich dreist benommen habe. Veh sprach von "Wildwest-Methoden" und "Wegelagerertum". Überdies zeige der Angeklagte weder Reue noch Schuldeinsicht. Eine Bewährung könne in Anbetracht der Gesamtumstände nicht gegeben werden.

Unglücklich lief es für den Sohn des Abschleppers. Veh hatte eine Brücke gebaut und die Einstellung des Verfahrens mit Auflagen angeregt. Anwältin Gabriele Danner lehnte das ab. Sie plädierte auf Freispruch. Der Junior sei kein Mittäter. Er sei Angestellter in der Firma seines Vaters und habe lediglich abgearbeitet, "was man ihm sagt". Veh, der dem jungen Mann attestierte, er habe ein wesentlich besseres Benehmen als sein alter Herr, verurteilte den Junior schließlich zu einer Geldstrafe in Höhe von 1200 Euro wegen Erpressung. Der Staatsanwalt hatte 90 Tagessätze à 50 Euro, also 4500 Euro gefordert.