Neuburg
Auf die Perspektive kommt es an

Fotograf Johannes Hauser stellt seine "nach oben"-Serie im Bücherturm aus

11.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:22 Uhr
Wo ist unser Kindergarten? Die Frage stellte sich die mit dem Fotografen befreundete Familie aus Hongkong, als sie mit Johannes Hauser die Wolkenkratzer betrachtete. −Foto: Hammerl

Neuburg (DK) "Nach oben" richtet Johannes Hauser das Objektiv seiner Kamera für sein gleichnamiges Fotoprojekt. Rund 100 Fotos sind so in den vergangenen zwei Jahren mit einem Acht-Millimeter-Fischauge entstanden. Zehn davon zeigt der DK-Redakteur im Bücherturm.

Wobei der Titel "nach oben" ein wenig in die Irre führt, denn die Fotos bilden nicht nur die Decke, sondern den gesamten Raum ab. Was hochinteressante Perspektiven eröffnet und den Betrachter durchaus verwirren kann. "Oben ist nur das Zentrum des Bildes, die Decke steht im Mittelpunkt, abgebildet ist aber der ganze Raum", sagt Laudator Richard Gruber, daher stelle sich beim Betrachten unwillkürlich die Frage "Wo bin ich?". Und mancher erkenne nicht einmal den Ort wieder, an dem er sich schon oft aufgehalten habe, plaudert Gruber aus dem Nähkästchen und erzählt vom Fensterputzer im Bücherturm, den Hauser traf, als er die Bilder für die Ausstellung aufgehängt hatte. Als der Fotograf den armen Mann hinterlistig fragte, ob er das Gebäude kenne, das im Erdgeschoss aus der Froschperspektive zu sehen ist, wurde die Frage verneint - es war der Bücherturm. Daneben hängt das Stadttheater, beide Bilder sind eigens für die Ausstellung in Neuburg entstanden, haben den stärksten Lokalbezug und stellen zugleich den größten Kontrast. Hier das romantisch-verspielte, in warmen Farben leuchtende Theater, dem Gruber Biedermeier-Romantik und eine gewisse Ähnlichkeit mit einer festlichen Torte attestiert, dort die moderne Glasarchitektur des Bücherturms mit ihren vergleichsweise kalten Farbtönen.

Ganz unterschiedliche Ausstrahlung haben auch die nebeneinander im Treppenhaus platzierten Denkmäler kriegerischer Auseinandersetzungen in Westeuropa - die aus dem 19. Jahrhundert stammende Befreiungshalle in Kelheim und das 50 Jahre ältere Völkerschlachtdenkmal in Leipzig. Das Martialische des Letztgenannten tritt in der Fischaugenperspektive ebenso deutlich hervor wie die Friedensbotschaft der Siegesgöttinen-Figuren der Befreiungshalle.

"Oben ist nur das Zentrum des Bildes, die Decke steht im Mittelpunkt, abgebildet ist aber der ganze Raum."

Richard Gruber

 

Meist fotografiert Hauser Gebäude, aber auch eine Aufnahme aus dem Olympic-Nationalpark in den USA ist dabei, zudem Wolkenkratzer in Hongkong. Egal ob die Motive rund, quadratisch oder quaderförmig sind - sie werden alle in Kreisform gebracht, was sie tatsächlich rätselhaft erscheinen lässt, wenn auch der Vergleich mit Wimmelbildern, den Gruber anstellt, etwas weit hergeholt scheint. Zu entdecken gibt es auf jeden Fall einiges - nicht zuletzt den Fotografen, der auf drei Bildern der eigenen Kamera nicht entkommen ist. Im Bundestag ist er nicht zu sehen - dort hat er sich unter Claudia Roths Stuhl versteckt.

Zustandegekommen ist die Ausstellung, weil Büchereileiter Ralph Zaffrahn vor anderthalb Jahren einen Bericht über Hausers Ingolstädter Ausstellung gelesen und sich gefragt hatte, wie der Bücherturm wohl aus dessen Perspektive aussehen würde. "Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden", fand Zaffrahn - und nahm Kontakt zum Künstler auf.

 

Zu sehen ist die Ausstellung bis Samstag, 30. Dezember zu den üblichen Öffnungszeiten, Dienstag von 9.30 bis 18 Uhr, Mittwoch und Freitag von 9.30 bis 12 Uhr, 13.30 bis 18 Uhr, Donnerstag von 9.30 bis 12 Uhr, 13.30 bis 18.30 Uhr und Samstag von 9.30 bis 12 Uhr, Montag geschlossen.