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Boulevard der Intellektuellen

27.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:43 Uhr

(sic) Mit dem Bildungsprestige unserer Ex-Herzogsstadt stand es nicht immer zum Besten. Der Intellektuelle Johann Wolfgang von Goethe schlug 1786 einen weiten Bogen um Ingolstadt und steuerte lieber das deutlich gelehrtere Saal bei Kelheim an, wo er beim Postwirt ein Wurstbrot verzehrte.

Goethe wollte sicher deshalb nicht nach Ingolstadt, weil er den Reisebericht seines Zeitgenossen Carl Ignaz Geiger kannte. Der heute leider vergessene Autor schrieb: „Noch gar ein armseliges Städtchen habe ich passiert. Die Musen haben sich einst, aus einer Art von Verzweiflung, dahinbegeben und den Ort zu einer Universität gemacht, die genannt wird Ingolstadt.“ Entsetzt musste Geiger erleben, wie die Jesuiten die Bildungsstätte ruinierten: „Statt Wissenschaften werden Unsinn und Orthodoxie gelehrt. Die Hörsäle sind Schwindgruben der Mönchsdummheit. Wehe dem, der es wagen will, in Ingolstadt reine Vernunft vorzutragen oder nur ein gutes Buch einzuführen! Doch genug von diesen Orten der Finsternis.“

Der intellektuelle Glanz unserer Stadt hielt sich im 18. Jahrhundert also eher in Grenzen. Das ist inzwischen besser geworden. Auf geistigem Terrain kann Ingolstadt heute niveaumäßig durchaus mithalten; zumindest mit den Kelheimern.

Sicher, ab und zu passieren noch Ausrutscher ins abgründig Seichte. Etwa am Montag auf dem Gastronomenball, als die Pornografiekünstlerin Mia Julia Landdisco-Charme versprühte (siehe das große Foto oben). Aber das Bildungsangebot nach dem Ball macht das alles wieder wett! Heute Abend prunkt die Intellektuellenszene gleich mit zwei Vorträgen ernsten Inhalts: Der Biologe Ralph Zange spricht ab 19 Uhr im Zoo Wasserstern über „Totholzkäfer in der Region“. Gleichzeitig findet in der Alten Anatomie ein Vortrag zum Thema Totenkronen statt. Die Kunsthistorikerin Sylvia Müller-Pfeifruck stellt dieses vergessene Phänomen der europäischen Bestattungskultur an Originalobjekten vor.

Sage noch einer, bei uns fließe geistiger Schwachstrom! Und wer es völlig abgefahren mag, muss am Sonntag zu Manfred Schuhmann gehen. Er bietet ab 11 Uhr im Stadtmuseum ein literarisches Potpourri mit dem Titel: „Erfolg durch Interesse an Menschen mit außergewöhnlichem Format.“ Danach weiß man dann endgültig Bescheid.