Auf den Spuren des "Localbahnhofs"

20.06.2008 | Stand 03.12.2020, 5:49 Uhr

Auf den Spuren des ersten "Localbahnhofs": Der Ingolstädter Historiker Leonhard Bergsteiner hat akribisch die Entstehungsgeschichte des Nordbahnhofs erforscht. - Foto: Stadik

Ingolstadt (DK) In der guten alten Zeit brachen die Schanzer, die es sich leisten konnten, am Sonntag in überfüllten Waggons mit der Dampflok vom "Localbahnhof Ingolstadt" Richtung Altmühltal auf. Heute ist der Nordbahnhof eine Durchgangsstation für den rasenden ICE – und bald vielleicht sogar Geschichte.

Der Ingolstädter Historiker Leonhard Bergsteiner ("Eisenbahnen im Altmühltal") zählt zu den Schanzern, die sich zurzeit richtig Sorgen um die Zukunft des geschichtsträchtigen Nordbahnhofs machen. Akribisch hat der Enthusiast die Militär- und Bahngeschichte des ersten Ingolstädter Bahnhofs erforscht und so manches Originaldokument in den staatlichen Archiven in der Hand gehabt. Zum Beispiel das Dekret von König Ludwig II., mit dem im 19. Jahrhundert ein Schanzer "Centralbahnhof" ausgerechnet in Oberstimm verhindert wurde.

Denn aus Sicht der Soldaten sollte damals die wichtige Station entweder im Bereich der bayerischen Landesfestung liegen, um im Kriegsfall wirksam verteidigt werden zu können, oder eben zehn Kilometer entfernt. So kam es 1873 zum Bau des heutigen Hauptbahnhofs auf dem Gelände des ehemaligen Exerzierplatzes.

"Das Militär bestimmte auch die Bauweise des Nordbahnhofs", berichtet Bergsteiner von der Entstehung des "Localbahnhofs", der bereits 1870 als Holzkonstruktion gebaut wurde. So konnte das Gebäude schnell abgerissen werden, damit die Soldaten ein freies Schussfeld hatten.

"Die Staatsbahn hätte sonst sicherlich ein Backsteingebäude errichtet", meint Bahnkenner Leonhard Bergsteiner. Die provisorische Bauweise dürfte dem Nordbahnhof heutzutage zum Verhängnis werden, denn die 1951/1952 renovierte Station steht nicht unter Denkmalschutz und könnte daher juristisch problemlos für ein geplantes Parkhaus geopfert werden.

Stadtgeschichtlich indes hat der erste Bahnhalt Ingolstadts eine wichtige Bedeutung: So stiegen viele Schanzer ab Oktober 1904 in die "Schambachtalbahn" und fuhren zum Sonntagsausflug nach Riedenburg. Ein "Kulturbahnhof" mit Gastronomie wie von der Initiative für den Nordbahnhof gefordert, könnte künftig in dieser Tradition stehen. Das Dilemma daran: Ein solches Projekt könnte wohl nur als defizitäres Zuschussprojekt am Leben gehalten werden.