Beckstein – hart, aber herzlich

17.02.2008 | Stand 03.12.2020, 6:08 Uhr

 

Kösching (DK) Genau so stellt man sich den netten Herren von nebenan vor: Er unterhält sich gerne, ist dabei immer freundlich, und er hört genau zu. In der Sache bleibt er aber knallhart.

Der Köschinger Brauereibesitzer Amberger hatte dem CSU-Regierungschef vor wenigen Tagen einen Offenen Brief zukommen und diesen auch in einer großformatigen Anzeige in einem regionalen Anzeigenblatt abdrucken lassen. Darin wirft Amberger den Politikern des bayerischen Landtags "Scheinheiligkeit" vor. "Was der Staat verbietet, weil gesundheitsschädlich, darf er nicht gleichzeitig fördern und durch Steuereinnahmen auch noch davon profitieren", schreibt der Brauereibesitzer mit Blick auf die Subventionen für den Tabakanbau und die Steuern auf Nikotinprodukte. Amberger fordert Beckstein und den Gesetzgeber auf, Ausnahmen vom strikten Rauchverbot zuzulassen.

Nicht vorbildlich

Darauf will sich der Angesprochene jedoch auf keinen Fall einlassen. "Einraum-Gaststätten hätten dadurch massive Nachteile gegenüber Gaststätten mit mehreren Zimmern", betont Beckstein in Kösching. Er rät Max Amberger, sich mit einem geschlossenen Club zu behelfen. "Dann kann bei Schafkopfrunden geraucht werden." Was die angeprangerte Tabaksteuer betrifft, verweist der Regierungschef auf den deutschen Finanzminister: "Der nimmt Steuern von den Lebendigen und den Toten und selbst von den Prostituierten." Das sei nicht vorbildlich – "aber damit muss man sich abfinden".

Beifall bekommt Beckstein für diese Aussagen nicht – schon gar nicht von Max Amberger. "Besonders zufrieden bin ich nicht mit dem, was der Ministerpräsident gesagt hat. Aber das war auch nicht anders zu erwarten", zeigt sich der Brauereichef im Gespräch mit dem DONAUKURIER gar nicht so enttäuscht. Vielmehr freue er sich, dass mit Beckstein erstmals ein bayerischer Ministerpräsident nach Kösching gekommen ist, sagt Amberger. Deshalb habe er auch mehr Besucher erwartet: Mit rund 350 Gästen ist der Saal halb leer.

Die Besucher lässt der hohe politische Gast lange warten: Um 19.55 Uhr zieht Beckstein mit viel Politprominenz, neun Kaminkehrern aus der Region Ingolstadt als Glückbringer und zum Bayerischen Defiliermarsch in die Halle ein – gut eine halbe Stunde später als vom CSU-Ortsverband Kösching-Kasing-Bettbrunn und vom Kreisverband als Organisator der Wahlkampfveranstaltung angekündigt. Schuld daran ist der unerwartet lange Empfang der Marktgemeinde für den Ministerpräsidenten im Köschinger Rathaus (siehe eigenen Bericht).

"Gemeinde gut geführt"

Das sei nicht einfach, denn der Markt sei einer der am stärksten gewachsenen Gemeinden in Bayern. Respektvoll erwähnt er die Köschinger Realschule, die "viel Zulauf hat" und eine "Aufsteigerschule" sei. Gut angenommen werden nach seinen Worten auch Kindergarten und Kinderkrippe in Kösching. "Das ist gerade für die Köschinger unheimlich wichtig, die in Ingolstadt arbeiten." Damit ist Beckstein bei Stadt und Region angekommen: Die sei einer der ganz starken Wachstumsregionen in Bayern. Und der Landkreis Eichstätt habe mit einer Arbeitslosigkeit von nur zwei Prozent Vorbildcharakter.

Beckstein spricht aber auch hiesige Probleme an wie die mit der geplanten Umgehungsstraße von Kösching und Lenting oder die "Lärmbelästigung" durch die Firma Binder Holz im Interpark. Hier zeigt sich der Politiker aus Nürnberg-Langwasser sehr kenntnisreich. "Meine Leute haben mich gut vorbereitet, und die Unterlagen habe ich mir auf der Autofahrt von Neustadt an der Aisch nach Kösching durchgelesen", so Beckstein zum DONAUKURIER.

Nur ein paar Minuten spricht der Ministerpräsident über Landes- und Bundespolitik. Hart geht er mit dem ehemaligen Post-Chef Klaus Zumwinkel ins Gericht, der über die Steueraffäre gestolpert ist: "Er versündigt sich gegen das Gemeinschaftsleben." Und fügt an: "Wer gegen Gesetze verstößt, muss damit rechnen, dass der Staat hart hinlangt."

Nach seiner freien Rede gibt sich Beckstein ganz als Landesvater: Bereitwillig lässt er sich nicht nur mit den Kreistagsbewerbern der CSU und Landratskandidat Anton Knapp auf der Bühne fotografieren, gibt unzählige Autogramme, spricht mit jedem, der ihn anspricht, und singt die Bayernhymne – intoniert von der Lentinger Trachtenkapelle – lautstark mit.

Derweil raucht Norbert Mayr vor der Halle genüsslich eine Zigarette. Ihn habe die Rede des Ministerpräsidenten mitgerissen, versichert der 40-jährige Bezirkskaminkehrermeister. Und das Rauchverbot? "Das bringt mich nicht um, denn ich habe genug Rauch in der Arbeit."