Verkehrsverbund: Die Mittelfranken preschen voran

09.11.2009 | Stand 03.12.2020, 4:31 Uhr

Ingolstadt (sic) Seit vielen Jahren schon gibt es mehr oder weniger intensive Bemühungen, im Großraum Ingolstadt einen Verkehrsverbund zu schaffen. Jetzt ist das Projekt einen entscheidenden Schritt vorangekommen: Stadt und Landkreise verhandeln zielorientiert, die Gründung eines Zweckverbands steht bevor.

Wohl selten vermochte eine Presseerklärung aus Mittelfranken in Ingolstädter Behördenkreisen auf solches Interesse zu stoßen wie die Verlautbarung, mit der Herbert Eckstein, Landrat des Kreises Roth, am Freitag an die Öffentlichkeit getreten ist: Er "begrüßt die Initiativen für einen regionalen Nahverkehrsverbund" im Raum Ingolstadt und ergänzt: "Die Einführung und Gestaltung eines verkehrsmittel- und linienübergreifenden Tarifs ist eine große Chance." Sein Landkreis wolle "von Beginn an bei der Verbandsgründung dabei sein". Weiter verkündet der SPD-Politiker: Eichstätt, Neuburg-Schrobenhausen, Pfaffenhofen sowie die Stadt Ingolstadt "planen, einen Gemeinschaftstarif einzuführen. Die Satzung ist bereits ausgearbeitet".

 
So weit, so erfreulich für die Fahrgäste. Jedoch: Die Pressemitteilung des Landratsamts in Roth war wohl ein Alleingang. Mit Ingolstadt abgestimmt wurde der Schritt zumindest nicht. Daher zeigt sich die INVG-Führung entsprechend irritiert. Es sei viel zu früh dafür, mit den Verkehrsverbundplänen an die Öffentlichkeit zu treten, erklärten gestern Geschäftsführer Robert Frank und Geschäftsstellenleiter Hans-Jürgen Binner unabhängig voneinander, aber unisono. Beide bestätigen immerhin: Die Tarifgemeinschaft für die Region ist tatsächlich einen Schritt vorangekommen.

Anfang des nächsten Jahres werden sich Frank zufolge die Kreistage in Eichstätt, Neuburg, Pfaffenhofen und Roth sowie der Ingolstädter Stadtrat mit der Tarifgemeinschaft befassen. Er dämpft aber den Optimismus: "Zentrale Punkte müssen noch geklärt werden." Allem voran: die Sache mit dem Geld.

"Wir sind gerade dabei, die Tarifmodelle durchzurechnen", sagte Frank. Derzeit kreisen die Verhandlungen um Fragen wie: Welche Preise sind in dem Gemeinschaftstarif angemessen? Wer trägt welche Last? Und wo endet der Geltungsbereich? – "Dazu müssen wir viele Partner ins Boot holen", berichtete der Geschäftsführer der INVG. Neben den Kommunen sind das die Verkehrsunternehmen sowie Gesellschaften wie die Bayerische Regiobahn, die ab Dezember die Paartalbahn sowie die Strecke zwischen Ingolstadt und Eichstätt betreibt.

Franks Zuversicht nähren immerhin Fortschritte an anderen Fronten des öffentlichen Personennahverkehrs: der gegenwärtige Umbau des Hauptbahnhofs und die Pläne, den Nordbahnhof zu einer Drehscheibe aufzuwerten. So viel Aufbruch, meint er sinngemäß, könne der Tarifgemeinschaft vielleicht auf die Sprünge helfen.

Geschäftsstellenleiter Binner, der das fortgesetzte Scheitern aller Bemühungen um einen Verkehrsverbund von Beginn an miterlebt hat, gab sich besonders zaghaft: Mit Ankündigungen müsse man "äußerst vorsichtig sein", da die Finanzierung noch lang nicht geklärt sei. Und die von Landrat Eckstein erwähnte fertige Satzung des zu gründenden Zweckverbands "ist bisher nur ein Entwurf für den Dienstgebrauch".

Solch dezente Formulierungen wählt man in Roth nicht. Markus Kaiser, Ecksteins Sprecher, bestätigte gestern: "Die Pläne für den Nahverkehrsverbund sind weit fortgeschritten." Die Verhandlungen laufen ihm zufolge seit Oktober, im Januar treffe ein neues Gutachten ein. Die Rother wollten ihren "großen Erfahrungsschatz einbringen", da sie schon seit langem mit dem Nürnberger Verkehrsverbund kooperieren.

Gut möglich, dass gestern bereits jemand aus Ingolstadt angerufen hat. Wenn auch aus einem anderen Grund.