Reichertshofen
Reichertshofen verlangt am meisten

625 Euro pro Jahr: Steuer für Kampfhunde so hoch wie keiner vergleichbaren Gemeinde

23.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:39 Uhr
Kampfhund Jack, Diana Kaindl, Reichertshofen −Foto: Diana Kaindl

Reichertshofen (DK) "Ich finde, 625 Euro für einen Listenhund mit Wesenstest sind zu viel." Diana Kaindl aus Reichertshofen schaut angesichts der sehr hohen Hundesteuer, die jährlich zu bezahlen ist, nach Manching: "Dort kosten normale Hunde und Listenhunde mit Wesenstest jeweils nur 25 Euro pro Jahr. Das sind 600 Euro weniger." Michael Franken, Bürgermeister in Reichertshofen, erklärt: "Im September 2006 hat der Gemeinderat diese Satzung beschlossen - nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts aus dem Jahr 2005, dass die Hundesteuer für diese Art von Hund von jeder Gemeinde erhöht werden kann.

Seit Anfang 2007 ist sie in Kraft." Kaindl lässt dieses Argument nur bedingt gelten: "Es ist unfair, finde ich, dass diese Hunde in unserer Gemeinde so hoch besteuert werden im Vergleich zu Manching." Kaindl, die bei einem Tierarzt arbeitet, weiß: "Andere Hunde, also ,normale', beißen öfters als Listenhunde." Die Frau glaubt, die Gemeinde wolle solche Tiere einfach nicht und erhebe deshalb die hohe Steuer. "300 Euro wären noch okay für mich", sagt Kaindl.

"300 Euro Steuer im Jahr für meinen Hund wären okay für mich."

Hundebesitzerin Diana Kaindl

 

Rathauschef Franken sagt, die Satzung lasse es zu, dass für Hunde mit Negativzeugnis (nach einem Wesenstest, den Tierärzte ausstellen) auch nur 25 Euro bezahlt werden. Sie lasse aber eben auch zu, die Hundesteuer anders zu bemessen - trotz dieser Bestätigung ( siehe auch rechts ). Franken erinnert sich an die damaligen Diskussionen und Argumente. Eines davon: "Es ist scheinbar nicht sehr schwer, einen Wesenstest für seinen Hund zu bekommen. Daher entschied sich die Gemeinde damals, Hunde trotz eines Wesenstests höher zu besteuern." Franken fragt: "Wie echt ist so ein Zeugnis? Wir können ja kein Gegengutachten erstellen."

Die Satzung, die Reichertshofen anwendet, kann laut Franken auf der Homepage der Marktgemeinde abgerufen werden und ist "in den meisten Teilen identisch" mit der Manchinger. Sie listet auch die Hunde auf, die höher besteuert werden. "Ein Negativzeugnis", so der Bürgermeister, "wirkt nicht steuermindernd". Mit ein Grund der Entscheidung vor über zehn Jahren war das in der Bevölkerung spürbare Unwohlsein wegen dieser Hunderassen. Franken: "Diese Hunde sind ja nicht verboten in unserer Marktgemeinde, aber sie werden anders besteuert."

Im nördlichen Landkreis liegt Manching mit 25 Euro für Kampfhunde mit Wesenstest gleichauf mit Vohburg, Baar-Ebenhausen und Münchsmünster. Reichertshofen rangiert mit 625 Euro ganz oben. In allen Gemeinden werden Wesenstests akzeptiert. Ingrid Kraus vom Baar-Ebenhausener Steueramt weiß: "Das Ordnungsamt schaut sich die Besitzer solcher Hunde schon an, es gibt auch immer wieder Prüfungen." Ohne Wesenstest kostet ein Kampfhund 528 Euro pro Jahr, in Vohburg 500. Stephanie Mayer vom Ordnungsamt Vohburg: "Wir haben derzeit keinen Kampfhund in der Stadt ohne Negativzeugnis." In Münchsmünster sind Kampfhunde ohne Wesenstest verboten.

In der Satzung von Baar-Ebenhausen sind 14 Rassen als gefährlich eingestuft. Deren Besitzer müssen einen Wesenstest vorlegen, wenn sie den normalen Hundesteuersatz bezahlen möchten. Krauss: "Bisher haben wir keine schlechten Erfahrungen gemacht." Wie auch in Vohburg: "Es gibt Auflagen, dass Hunde ausbruchsicher auf dem Grundstück untergebracht werden müssen", sagt Mayer. "Vorgefallen ist noch nichts."

Diana Kaindl will trotz der 625 Euro nicht wegziehen aus Reichertshofen. "Und unseren Jack behalten wir natürlich auch."

"AGGRESSIONSVERHALTEN IST ANGEBOREN"

"Schwer ist er nicht, der Wesenstest", sagt Tierärztin Dr. Ruth Mucha aus Pörnbach. "Es werden keine Kunst-stücke geprüft, sondern ob sich der Hund in bestimmten Situationen aggressiv verhält." Einfach ist der Test deswegen auch nicht. "Wert gelegt wird auf die sogenannte "Umweltsicherheit", also ob der Hund zum Beispiel erschrickt, wenn ein Mensch von hinten kommt oder wenn ein Radfahrer vorbeifährt." Das Aggressionsverhalten ist nach Aussage von Dr. Mucha bei Hunden angeboren. "Es wird aber durch viele Umweltfaktoren und durch die Erziehung beeinflusst."

Bei der Bewertung von sogenannten Kategorie-2-Hunden (gerne als "Kampfhunde" bezeichnet) wird auch kontrolliert, wie der Halter mit ihm umgeht, ob er die Körpersprache des Hundes einschätzen kann, ob er mit dem Hund genügend spazieren geht, wie der Hund gehalten wird. "Nach dieser umfassenden Prüfung erstelle ich ein Gutachten. Das ist zehn, elf Seiten lang", sagt Dr. Mucha. "Die Beurteilung eines Hundes als ,gesteigert aggressiv' kommt aber nur sehr selten vor." | ok