Reichertshofen
Jesus in dreifacher Ausfertigung

In Reichertshofen steht eine der seltenen Jahreskrippen - Beinahe wöchentlich neue Szenen

02.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:45 Uhr
Fein gezeichnete Holzfiguren, imposante Kulissen: Die Jahreskrippe in St. Margaretha ist noch bis Pfingsten zu sehen. −Foto: Meßner

Reichertshofen (DK) Gerade geboren, liegt das Jesuskindlein friedlich in seiner Krippe, umsorgt von Maria und Josef.

Ochs und Esel stehen in der Szene, dann noch ein paar Hirten und Schafe - und die Heiligen Drei Könige nicht zu vergessen, die sich nähern. An Weihnachten findet sich dieses Bild in zahllosen Familien und Kirchen, Weihnachtskrippen stehen überall. Ein paar Wochen später wandert die Heilige Familie dann wieder in die Schachtel bis zum nächsten Weihnachtsfest.

 

Nicht so in Reichertshofen. In St. Margaretha mitten im Ortskern steht eine Jahreskrippe. Vom Advent bis Pfingsten wird beinahe wöchentlich eine andere Szene aus der Bibel dargestellt.

Bei der Hochzeit zu Kana gab es Brathähnchen zu essen. Die Bedienung trägt gerade eines auf einem Teller an eine reich gedeckte Tafel. Zu sehen sind festlich gewandete Personen, auf dem Tisch stehen mehrere Gläser und Krüge. Ob darin Wasser oder Wein sein soll, lässt sich nicht sagen. Diese Szene konnten die Besucher der Kirche Mitte Februar bestaunen. Derzeit ist der Einzug in Jerusalem zu sehen, ehe Mitte März die sogenannte Tempelreinigung folgt. Das letzte Abendmahl und die Auferstehung bilden dann den Höhepunkt des Kirchenjahres zu Ostern ab.

Verantwortlich für die Jahreskrippe ist Peter Sachsen-eder. "Es macht mir großen Spaß", erzählt er. Woche für Woche steigt er die Holzleiter in den Zwischenboden hinauf, schiebt die mit einer orientalischen Landschaft bemalte Holzplatte beiseite und arrangiert die nächste Szene. Hinter den Kulissen wird das Engagement der Beteiligten deutlich. Alles ist Marke Eigenbau. Mehrere Steckdosenleisten sind verteilt, einfache Schreibtischlampen rücken die Szenen ins rechte Licht, eine Metallschienenkonstruktion lässt einen Stern über den Horizont wandern. Aber am wichtigsten sind die Figuren. Der Fundus ist groß. Es gibt rund 120 fein geschnitzte Holzfiguren - vom Hirten bis zum Apostel, eine Herde Schafe, ein Kamel, Zelte, Palmen und sogar eine Höhle. Jesusfiguren gibt es gleich mehrere. Einmal als Säugling in der Krippe. Einmal als Kind, als er als Zwölfjähriger im Tempel auftritt und dann natürlich Jesus als Erwachsener. Inmitten der vielleicht zwei Quadratmeter großen Fläche steht ein relativ mächtiger Tempel, in einem Anbau des Modells blitzt die Bundeslade hervor. Es würde einen nicht wundern, wenn darin kleine Steintafeln mit den Zehn Geboten lägen.

Ein genaues Konzept, wie die Szene aufgebaut ist, hat Sachseneder nicht, obgleich er ein ungefähres Bild der jeweiligen Bibelstelle im Kopf hat. "Das mache ich spontan, das ergibt sich." Jüngst, als Sachseneder die Verklärung Jesu, ein eher weniger bekanntes Offenbarungsereignis dreier Apostel, umgesetzt hat, nahm er aus seinem eigenen Fundus drei Egli-Figuren und drapierte sie prominent in vorderster Front. Sie stehen nicht auf einem Berg wie in der Bibel, sondern erhöht auf einer Wurzel.

Die Jahreskrippe hat der frühere Pfarrer Josef Dunau mit nach St. Margaretha gebracht. Er wirkte mehr als 30 Jahre in Reichertshofen und hat - unterstützt von seiner Haushälterin - irgendwann begonnen, die Jahreskrippe aufzubauen. Er hatte sie wohl von einem Verwandten geschenkt bekommen.

Die Krippe selbst fristet buchstäblich ein Schattendasein. Sie steht in der alten Kirche, die in den Neubau integriert wurde. Besucher müssen aus dem Kirchenschiff ein paar Treppen nach oben in die alte barocke Kirche gehen. Dort, in einer Nische, war einmal eine Taufkapelle, die offenbar nie benutzt wurde. Nun stößt man dort an eine Glasscheibe, dahinter verbirgt sich die Krippe.

Sachseneder hat sich die Mühe gemacht, die dargestellten biblischen Szenen auch noch zu erklären. In einem Schubladen neben der Krippe liegen Zettel mit der zugehörigen Bibelstelle zum Nachlesen. Und Sachseneder geht sogar noch einen Schritt weiter und hat unter der Rubrik "Wos geht des mi a?" einen Notizblock deponiert, auf dem jeder Besucher seine Gedanken niederschreiben kann - mit überschaubarem Erfolg. "Bisher hat noch niemand etwas geschrieben", sagt er und lacht, als ob er es schon geahnt hätte.