Manching
Zielobjekt und fliegendes Labor

In Manching haben die beiden übrig gebliebenen Phantom F-4 ihren letzten Flug absolviert

24.07.2013 | Stand 02.12.2020, 23:52 Uhr

Manching (DK) Ein Gefühl von Wehmut schwebte gestern über dem Flugplatz Manching. Nach der Ausmusterung durch die Luftwaffe haben gestern die noch übrig gebliebenen beiden Phantom F-4 ihren letzten Flug bei der Wehrtechnischen Dienststelle 61 (WTD) absolviert.

„Die Flieger werden uns fehlen“, bekennt Robert Hierl, Chef-Testpilot der WTD, gestern Mittag vor dem allerletzten Flug der beiden Phantom ganz offen und ehrlich. Der 52-Jährige hat die Ehre, eine der zwei Maschinen steuern zu dürfen. Unzählige Stunden haben er und seine 14 Kameraden schon im Cockpit des Zweisitzers verbracht. Doch jetzt, nach genau 40 Jahren im Dienst der Bundeswehr, ist Schluss, die Phantom wurde durch den Eurofighter ersetzt. Bei der Luftwaffe war der letzte Flug Ende Juni, bei der WTD durften die Zweisitzer mit Sondergenehmigung noch weiter betrieben werden.

„Dabei waren die Maschinen noch relativ jung“, bedauern Hierl und die anderen Testpiloten die Außerdienststellung. Eine hatte rund 4000, die andere noch weniger Flugstunden auf dem Buckel. Ausgelegt sind die Phantom für 6000 Stunden. Das Problem ist die Wartung und das dafür nötige Personal mit der entsprechenden Erfahrung zu finden. Für zwei Maschinen war das einfach zu teuer.

Die Testpiloten der WTD sind heute noch überzeugt von den Fähigkeiten der Phantom, von der die Luftwaffe 175 Stück insgesamt besaß. Diese Waffe des Kalten Krieges sollte eigentlich nur eine Übergangslösung sein zwischen der F 104, dem Starfighter, und dem Jäger 90, dessen Entwicklung dann doch etwas länger gedauert hat. „Da konntest Du alles dranhängen“, erinnert sich Hierl: „Wir haben Lenkwaffen erprobt, NVA-Ausrüstung ausprobiert und andere spezielle Außenlasten angehängt.“ Auch für ganz besondere Aufgaben kam die Phantom zum Einsatz. Als eine Art „fliegendes Labor“ beispielsweise oder auch als Zielobjekt für den Nachfolger, den Eurofighter. „Die Phantom war sehr zuverlässig und robust“, beschreibt Hierl das Flugzeug.

Am gestrigen Mittwoch gegen 14 Uhr sind die beiden Phantom zu ihrem letzten Flug über deutschem Boden abgehoben. Viele Mitarbeiter und ehemalige Angestellte sind gekommen, um dieses historische Ereignis zu verfolgen. Dutzende von Spottern (Flugzeugfans) haben sich am Zaun rund um den Flugplatz versammelt, um mit ihren teils enormen Objektiven noch die letzten Aufnahmen zu schießen. Die Piloten wissen das natürlich und geben sich alle Mühe, gute Bilder zu liefern. Es ist schon beeindruckend, die beiden Kampfflugzeuge im Formationsflug in der Luft zu sehen, nur wenige Meter voneinander entfernt. Eine halbe Stunde später ist dann die Ära der Phantom in Deutschland endgültig beendet, die eng mit der Region verknüpft war. Fast alle Maschinen wurden irgendwann mal in Manching gewartet (MBB, DASA, Cassidian) oder dienten bei der WTD als Technologieträger. Beim Jagdgeschwader 74 in Neuburg waren bis 2008 etliche Flugzeuge stationiert. Eine Phantom wird verschrottet, die andere wird abgerüstet und kommt voraussichtlich in Manching als Ausstellungsstück auf einen Sockel.