Ingolstadt
Lernen am geschichtlichen Ort

OB Christian Lösel und Stadtheimatpfleger Tobias Schönauer vergeben erstmals Preise an junge Historiker

03.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:51 Uhr
Die Preisträger des Wettbewerbs „Junge Historiker“ mit OB Cghristian Lösel (Mitte), dem Vorsitzenden des Historischen Vereins, Matthias Schickel (links), sowie Stadtheimatpfleger Tobias Schönauer (2. von rechts). −Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Kreativ und differenziert setzten sich die Preisträger des vom Historischen Verein neugestifteten Preises „Junge Historiker“ mit der Geschichte Ingolstadts und Bayerns auseinander.

Genau das also, was Vorsitzender Matthias Schickel in seiner Begrüßungsrede wollte: „Das Lernen am geschichtlichen Ort und die kreative Auseinandersetzung mit der Geschichte und den Geschichten schaffen jenes Bewusstsein, das wir als Historischer Verein Ingolstadt fördern wollen: Die wohlwollende, aber auch kritische Identifikation mit unserer Stadt und den Dokumenten unserer Geschichte.“

Elf Einsendungen waren es insgesamt, aus denen die Jury letztlich fünf preiswürdige Arbeiten auswählte. Dabei war die Bandbreite der vorgestellten Arbeiten groß.

Klara Pelzl vom Gnadenthal-Gymnasium setzte sich differenziert und kritisch mit der Einstellung der beiden bayerischen Schriftsteller Oskar Maria Graf und Ludwig Thoma zu Krieg und Militarismus auseinander. Sie stieg in intensive Recherchen zum Leben und zu den Schriften der beiden bekannten Autoren ein und stellte ihre gegensätzliche Haltung souverän und fundiert dar. Dabei vergaß sie nicht, die heute gerne unterschlagenen dunklen Seiten des beliebten Schriftstellers Thoma darzustellen und auf seine antisemitischen Machenschaften beim „Miesbacher Anzeiger“ in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg hinzuweisen. Ganz anders dagegen Oskar Maria Graf, der sich und seiner pazifistischen Einstellung zeit seines Lebens treu geblieben ist.

Überaus kreativ war auch der Beitrag von Arber Idrizi, Andreas Kirchbichler, Matthias Sekora und Elias Weinfurtner, die in der 9. Jahrgangsstufe an der Ludwig-Fronhofer-Realschule im Rahmen ihrer Projektschulaufgabe zerstörte Ingolstädter Gebäude in aktuelle Aufnahmen hineinmontiert hatten. So konnte man beispielsweise das in der Nachkriegszeit abgerissene Donautor als Einfahrt in die Innenstadt sehen. Beeindruckend auch, wie sich in einer perfekten Fotomontage die Augustinerkirche über der Tiefgarageneinfahrt am Theater erhebt. Damit machten sie den rund 70 Besuchern im Barocksaal des Stadtmuseums bewusst, was für Verluste an wertvoller Bausubstanz die Stadt in den vergangenen Jahrzehnten hat hinnehmen müssen. Der Beitrag wurde wegen der außerordentlichen Kreativität mit dem 3. Preis ausgezeichnet.

Robine Gottfried aus der 11. Klasse am Katharinen-Gymnasium diskutierte in ihrer Arbeit über Andreas Daum die Klassifizierung von Widerstand im Dritten Reich. Haarscharf war der Gerolfinger Andreas Daum im Frühjahr 1938 wegen seiner Äußerungen im Zusammenhang mit dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich an „Schutzhaft“ und KZ vorbeigeschrammt. Robine Gottfried zog in ihrer Seminararbeit den Schluss, dass nicht jede Form von „Alltagsresistenz“ als Widerstand qualifiziert werden kann.

Franziska Woltz, Abiturientin des Gnadenthal-Gymnasiums, legte eine äußerst beeindruckende Arbeit über die Lage der Kriegsgefangenen im Ersten Weltkrieg vor. In einer klar strukturierten und sicher vorgetragenen Präsentation stellte sie die Ergebnisse ihres Vergleichs zwischen der Kriegsgefangenschaft in Japan, Russland und Bayern vor. Klug gewählte Schwerpunkte und aussagekräftige Vergleichsaspekte zeigten deutlich die Unterschiede in den drei Vergleichsländern. Dabei wurde deutlich, dass sich im nicht von Kriegshandlungen unmittelbar betroffenen Japan die Lage für die Gefangenen am angenehmsten gestaltete. Der sehr guten Arbeit wurde von den „alten Historikern“ der 2. Preis zuerkannt.

Lorenz Bauer, Maximilian Becker und John Henneberg vom Katharinen-Gymnasium durften dann den 1. Preis für ihre Arbeit entgegennehmen: Die drei Absolventen hatten in einem P-Seminar ein Modell der Augustinerkirche angefertigt und darüber hinaus auch die lateinischen Inschriften, die in einem Sammelblatt des Historischen Vereins von 1919 dokumentiert worden waren, ins Deutsche übertragen. Eine Arbeit, der selbst Oberbürgermeister Christian Lösel höchsten Respekt zollte. Das Modell wird nun im Stadtmuseum ausgestellt werden und einen Ehrenplatz erhalten.

Lösel, der zusammen mit dem Stadtheimatpfleger Tobias Schönauer die Auszeichnung übernommen hatte, bedankte sich für das große Engagement der Schülerinnen und Schüler. Er stellte dabei in Aussicht, die Preisverleihung im kommenden Jahr auch im Historischen Sitzungssaal des alten Rathauses abzuhalten. Zugleich machte er auch deutlich, dass die Stadt sich intensiv um die Inwertsetzung der historischen Bauten in Ingolstadt kümmere und alles daransetzen will, die alten Gebäude wieder einer zukunftsorientierten Nutzung zuzuführen: das Georgianum, die Rossmühle, das 100-Türme-Projekt, die Neugestaltung der Fußgängerzone mit den „Fußnoten zur Geschichte“. Der OB versicherte auch, dass das „Dokumente-Konzept“, das der Historische Verein für geschichtlich herausragende Gebäude vorgeschlagen hat, in Ingolstadt umgesetzt werden wird.

Mit strahlenden Augen erhielten die jungen Preisträger dann vor ihren stolzen Schulleitern die Buch- und Geldpreise zusammen mit den entsprechenden Urkunden.

Der Preis „Junge Historiker“ wird auch im kommenden Schuljahr ausgelobt werden, um das historische Engagement der Schülerinnen und Schüler zu würdigen und Anreize zu schaffen, sich in den Schulen im Rahmen von Seminaren und Projekten der lokalen und regionalen Geschichte zu widmen. Und dass Lokalgeschichte „funktioniert“, zeigen die fünf Preisträger.