Ingolstadt
Von wegen amtlich

Falsche Behördenmitarbeiter zogen Buben völlig nackt aus – Die Polizei ermittelt in zwei Fällen von Amtsanmaßung

16.12.2013 | Stand 02.12.2020, 23:18 Uhr
Symbolbild Polizei Ingolstadt −Foto: dpa

Ingolstadt (DK) Ihr Auftreten war forsch und nicht gerade freundlich. „Halt so, wie man das aus dem Fernsehen kennt, wenn Jugendamtsmitarbeiter irgendwo auftauchen“, sagt eines der Opfer. Die Ingolstädterin war auf zwei falsche Vertreter der kommunalen Behörde hereingefallen.

Wobei dieses Vorurteil gar nicht stimmt, wie die 34-Jährige erfuhr, als sie später bei den echten Kollegen des dubiosen Pärchens anrief. „Die waren total nett und hilfsbereit.“ Und bestürzt obendrein, als sie hörten, was vorgefallen war. Inzwischen ermittelt die Kripo wegen Amtsanmaßung, denn es ist kein Einzelfall.

Was die zwei Schwindler am 18. November bei der 34-Jährigen wirklich wollten, weiß die Mutter eines 14-Jährigen bis heute nicht. Als besonders irritierend empfindet sie, dass die dreisten Besucher den Namen ihres seit seiner Geburt behinderten Sohnes und auch sonst einige Details von ihm kannten. Die vermeintlichen Amtspersonen hatten sich, wie in einem weiteren bekannten Fall auch, als „Frau Schneider“ und „Herr Biermann“ vorgestellt.

Das Kind war angeblich mit Biss- und Kratzwunden in der Schule erschienen, lautete der Vorwurf des Pärchens. „Das habe ich mit aller Deutlichkeit zurückgewiesen, denn das stimmt nicht“, sagt die Mutter. „Die beiden wollten trotzdem unser Haus und meinen Sohn sehen.“ Die Ingolstädterin ärgert sich noch heute, dass sie sich nicht die Ausweise der angeblichen Jugendamtsmitarbeiter hat zeigen lassen. „Aber da bist du im ersten Moment völlig überrumpelt.“ Die angeblichen Amtspersonen hatten den Buben im Beisein der Mutter völlig nackt ausgezogen und eingehend inspiziert. Mit der Drohung, der 14-Jährige müsse in ein Heim, falls wieder etwas vorkomme, verschwanden sie.

Als die Mutter am Nachmittag desselben Tages im Jugendamt nachhakte, erfuhr sie, dass sie einer Täuschung aufgesessen war. „Wir sind nicht bei der Familie gewesen, auch niemand aus dem Gesundheitsamt“, erklärte Maro Karmann. Das Vorgehen der Unbekannten sei auch nicht Stil des Hauses. Der Behördenleiter sorgt sich nicht ohne Grund um den Ruf seiner Kollegen. Denn die falschen Mitarbeiter waren eine Woche danach bei einer anderen Ingolstädter Familie aufgetaucht und hatten gezielt nach der vierjährigen Tochter gefragt. Sie wollten von der Großmutter des Mädchens wissen, ob es richtig sei, dass das Kind öfter alleingelassen werde. Da die Kindsmutter nicht daheim war, zogen die falschen Behördenvertreter wieder ab.

„Die Sache ist überaus rätselhaft“, findet Hans-Peter Kammerer vom Polizeipräsidium in Ingolstadt. „Vor allem ist das Motiv völlig offen.“ Hinweise darauf, dass die Wohnungen eventuell für spätere Einbrüche ausspioniert wurden, gebe es nicht, möglich wäre eventuell ein sexueller Hintergrund. „Aber bisher hat sich keine konkrete Spur ergeben“, bedauert Kammerer. Ob die beiden Kinder Gemeinsamkeiten haben, über die sich auf die Täter schließen lässt, war noch nicht zu klären. „Wir haben nur die Eltern des Buben gesprochen, die Mutter des Mädchens war bisher nicht erreichbar. Die Ermittlungen dauern an.“ Unabhängig davon rät die Polizei zur Vorsicht und vor allem dazu, sich stets den Ausweis angeblicher Amtspersonen zeigen zu lassen.