Ingolstadt
Eine Tragödie und ihre Folgen

Staatsanwaltschaft hat Fall der Hausexplosion abgeschlossen – Trümmerhaufen bleibt

29.07.2013 | Stand 02.12.2020, 23:51 Uhr

Blick über die Gartenmauer: Das Haus, in dem Musicaldarsteller Manfred B. bei einer Gasexplosion ums Leben kam, ist auch fast acht Monate nach der Tragödie ein Trümmerhaufen. An einem Türrahmen hängt ein Hemd – vermutlich gehörte es Manfred B., der die Explosion selbst herbeigeführt haben soll. Laut LKA-Gutachten wurde der Gasherd manipuliert - Fotos: Strisch

Ingolstadt (DK) Es sieht aus, als wäre die Tragödie gerade erst passiert, dabei ist es über ein halbes Jahr her, dass der Musicaldarsteller Manfred B. im Augustinviertel sich und sein Haus in die Luft gejagt hat.

Für die Staatsanwaltschaft ist der Fall abgeschlossen. Der Trümmerhaufen steht trotzdem noch. Ein Gutachten des Landeskriminalamtes hat zweifelsfrei bestätigt, was die Beamten am Ort der Explosion bereits vermutet hatten: Der Gasherd wurde manipuliert. Ob aus Fahrlässigkeit oder weil Manfred B. selbst seinem Leben ein Ende setzen wollte, geht aus dem Bericht nicht hervor, sagte gestern ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Ingolstadt auf Anfrage unserer Zeitung. Nachdem es keinerlei Hinweise gab, dass die Manipulation von einem Dritten ausging und der mutmaßliche Verursacher bei der Explosion getötet wurde, ist das Verfahren für die Staatsanwaltschaft beendet.

Für die Nachbarn, die damals gegen 3 Uhr nachts von einem ohrenbetäubenden Knall aus dem Tiefschlaf geschreckt wurden, ist die Tragödie noch fast so präsent wie in jener unglückseligen Dezembernacht. Durch die Druckwelle wurden viele Nachbarhäuser zum Teil stark beschädigt. Die Schäden sind beseitigt, die Gebäudeversicherungen haben das meiste bezahlt. Bei Johanna Nilius und ihrem Sohn Martin Weinhart lief alles reibungslos. Bei der Explosion war unter anderem ihr Wintergarten zerstört worden. „Die Sandrartstube ist wieder eröffnet“, sagt Weinhart. So nennt er seinen gemütlichen Wintergarten, in dem er abends gerne ein Bierchen trinkt. Nachbarin Anneliese Scheitterer, deren Doppelhaushälfte noch viel mehr in Mitleidenschaft gezogen wurde, ist deutlich weniger entspannt. Sie schimpft: „Ich bin total angefressen. Man braucht wegen jedes kleinen Teilchens einen Kostenvoranschlag.“ Der Schaden allein an ihrer Haushälfte lag bei rund 40 000 Euro. Auf „etwa 2000 bis 3000 Euro“, sagt sie, „bleibe ich sitzen“. In der Doppelhaushälfte direkt neben ihr hat die Druckwelle noch stärker zugeschlagen. „Die Fassade hat ausgesehen, als hätte jemand mit der Maschinenpistole reingeschossen.“ Sie musste komplett saniert werden. Auch die Hausmauer wurde erneuert. Heute sind Haus und Garten von dem Unglück nichts mehr anzusehen. „Wir sind ja auch unermüdlich am arbeiten“, sagt Peter Thelen, der mit Scheitterer in dem Haus wohnt.

Der Blick über den neuen Zaun zu dem Trümmerhaufen macht die beiden wütend. „Wenn ich aus meinem Küchenfenster blicke, kommt mir das kalte Grausen“, sagt Anneliese Scheitterer. Demnächst will sie sich ihren Frust in einem Brief an Oberbürgermeister Alfred Lehmann von der Seele schreiben. Vielleicht könne der ja was machen. Denn bislang hat sich auf dem Grundstück nichts getan. Und das dürfte auch noch einige Zeit so bleiben. Die Erben – darunter die in einem Pflegeheim lebende Mutter des Getöteten – haben den Nachlass abgelehnt. „Kein Wunder“, sagen die Nachbarn. Denn auf den Erben warten neben der Entsorgung des Trümmerhaufens auch die Gebäudeversicherungen, die für die Schäden an den Nachbarhäusern aufgekommen sind. Sie wollen sich das ausgegebene Geld natürlich zurückholen.

Das, was nach der Gasexplosion vom Haus des Musicaldarstellers, der wenige Tage vor der Katastrophe aus der Psychiatrie entlassen worden war, übrig ist, wirkt heute – fast acht Monate nach der Explosion – gespenstisch. In einem Baumwipfel haben sich ein Dachbalken und ein Handtuch verfangen, an einem Türrahmen in der einzigen stehen gebliebenen Wand hängt ein Herrenhemd. Es gehörte vermutlich Manfred B. Der Birnbaum auf dem Grundstück trägt heuer besonders viele Früchte. Geerntet werden sie sicher nicht.