Ingolstadt
Ein Stück heile Welt

Lederhosen und Heiterkeit: Der Musikantenstadl wird an diesem Samstag live aus Ingolstadt gesendet

14.06.2013 | Stand 03.12.2020, 0:01 Uhr

 

Ingolstadt (DK) Erst beim zweiten Mal verstehen es alle. „Komm mit mir ins Pooornokiiiino“, singt Andy Borg, jede Silbe im Halb-Playback-Modus betonend. Jetzt lachen die Musiker in der Saturn-Arena in Ingolstadt, und auch einige Techniker stimmen ein. Schlagersänger Borg grinst noch ein wenig breiter als zuvor und setzt noch einen drauf: „So kann ich dir in deinen Ausschnitt schauen“, trällert er in sanften, schmeichelnden Tönen.

Der Moderator des Musikantenstadls mit durchschnittlich sieben Millionen Fernsehzuschauern in Deutschland, Österreich und der Schweiz hat offenbar kein Problem, während der Probe selbstironisch den Text seiner aktuellen Single „Portofino“ zu variieren, solange am Ende alle glücklich sind. Es ist auch schwer, das nicht zu sein: Die Holzhüttenkulisse ist mit bunten Blumen übersät, überall stehen Bierkrüge, stehen Musiker in Lederhosen, das Licht der Scheinwerfer taucht alles in eine heimelig-herzige Atmosphäre. Mittendrin stolziert Andy Borg durch die noch leeren Zuschauerbänke, winkt seinen Kollegen zu, breitet die Arme aus, strahlt nach jeder Pointe, zwischen jeder Strophe, manchmal zwischen jedem seiner Worte, so lange und breit er kann.

 

Dagegen wirkt das Lachen der „Göltnschmierer“-Musiker fast schüchtern. Sie besingen in ihrem vorab im Pressetext als „sehr eigenwillig“ angekündigtem Stück das Bier und haben sich dafür auch eine Einlage ausgedacht. Einer der Männer hüpft wie ein Betrunkener auf und ab und zieht dann immer kleiner werdende Eimer aus einem großen Kübel, in den vorab in der richtigen Show Bier gefüllt wird. Aus dem kleinsten, schnapsglasgroßem Gefäß trinkt er schließlich. „Pfui Deifel, da ist ja Wasser drin“, ruft der Sänger und verzieht das Gesicht.

Die Musiker können einfach nicht ganz mithalten mit der Begeisterung, die Andy Borg weckt, egal wo er auftaucht. Zum Beispiel beim Dreh des Kurzfilms über Ingolstadt im Klenzepark, der zur Sendung am Samstag gezeigt wird. Freundlich, frisch und fabelhaft gut gelaunt steigt Borg aus dem Van und zieht sofort die Blicke der Passanten auf sich. Den Fotografen bietet er eine Pose nach der nächsten an: Borg, wie er lachend vor den Jungs der A-cappella-Band steht. Borg, wie er wild gestikuliert. Borg, wie er sich mit ausgebreiteten Armen auf einem unsichtbaren Surfbrett einen Weg durch die Wellen des Glücks bahnt, die er selbst entbrandet. Die Nachrichten in seinem Gästebuch lassen erahnen, wie hoch diese Wellen in den Herzen seiner Fans schlagen. „Das Interview mit dir war sehr bewegend“, schreibt eine Frau aus Zell. Und ein weiblicher Fan aus Ontario in Kanada hofft, dass sie beim nächsten Stadl in Deutschland sein wird: „Deine Lieder gehen mir so ans Herz. We love you.“
 

Auch die A-cappella-Band Viva Voce, die für den Stadl-Film ein eher volkstümliches Lied mit Reimen wie „Ingolstadt, du bist in/Du bist genau nach unsrem Sinn“ geschrieben hat, musste sich erst ein bisschen überwinden. „Wir haben schon diskutiert“, erzählt einer der Sänger, Heiko Benjes, „und uns gefragt: Passen wir da rein“ Die junge Gruppe aus Ansbach wirkt tatsächlich ein wenig fehl am Platz, wenn sie mit gestylten Frisuren, in roten Röhrenhosen und lässiger Lederjacke anders als sonst Playback singen. Eigentlich singe die Band eher Pop, sagt Benjes, „aber so etwas abzusagen können wir uns nicht leisten“. Sie hätten außerdem schon ein wenig Kontakt zu Volksmusikanten gehabt, und überhaupt: „Wir treten ja nicht im Stadl auf.“

Dort kneift Regisseur Kurt Pongratz die Augenbrauen zusammen. „Andy, ich schau grad, ob es live nicht besser wäre“ Borg wirkt einen Moment überrascht. „Nein, das bleibt Halbplayback. Das ist meine aktuelle Single.“ Hat Borg etwa diese Sicherheit nötig? Sofort lenkt Pongratz ein. „Ach so, das ist deine aktuelle Single“, sagt er, „Wir können es auch Vollplayback machen.“ Das braucht der Sänger dann doch nicht. Während er in vollen Tönen von seiner Perle im Meer schwärmt, marschiert er grinsend durch die Arena, streicht zärtlich über Blumengestecke oder tut so, als ginge er eine Kellertreppe herunter, bis er auf dem Boden kniet, glücklich darüber, dass er den Kameramann zum Lachen gebracht hat. Irgendwie schafft er es, dass man ihm tatsächlich folgen will zu diesem Portofino, denn: „In der Bucht am kleinen Hafen/wo die Fischerboote schlafen, dort erfüllt sich unser schönster Traum.“