Ingolstadt
Auf Schleichfahrt

Wer hofft, auf geheimen Routen die Baustelle in der Münchener Straße umfahren zu können, braucht Geduld

26.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:15 Uhr

Wegen der Baustelle in der Münchener Straße geht es hier derzeit nur einspurig Richtung Süden. Der Verkehr stadteinwärts weicht deswegen oft auf die kleineren Straßen westlich der Haupteinfallstraße aus. Da wird es regelmäßig eng - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Seit Anfang der Woche laufen die Arbeiten im ersten Bauabschnitt der Münchener Straße. Wie erwartet, staut sich im umliegenden Stadtgebiet der Verkehr. Wer sich auf Schleichwege verlässt, wird schnell feststellen, dass er mit dieser Idee nicht alleine ist.

Nach 20 Minuten brach Hans-Peter Domke gestern sein Verkehrsexperiment ab. Er wendete seinen Wagen, verließ den Stau, fuhr zurück in die heimische Garage und stieg auf das Fahrrad um. Sein Weg von Haunwöhr in die Innenstadt gestaltete sich danach viel entspannter. Und schneller war er auch.

Viel Verkehr sind die Menschen in den Vierteln westlich der Münchener Straße gewohnt. Da in der sonst stark befahrenen Haupteinfallstraße gebaut wird und die Zufahrt von Süden nur bis zur Kreuzung am Pulverl möglich ist, weichen derzeit aber noch mehr als sonst auf die Schleichwege durchs Wohngebiet aus. „Die Haunwöhrer Straße ist im Berufsverkehr jeden Morgen dicht“, sagt Domke. Dass sich der Stau jetzt praktisch den ganzen Tag fortsetzt, sei sicher eine Auswirkung der Baustelle.

Wer nicht auf das Rad umsteigen kann und sich über Schleichwege nach Norden schlängelt, trifft derzeit auch hier auf die ein oder andere Baustelle. Etwa in der Auenstraße. Das treibt so manchem Autofahrer die Zornesröte ins Gesicht. Die Bauarbeiter, die an der Kreuzung zur Kyrmannstraße beschäftigt sind, wollten gestern gar nicht wiederholen, was ihnen aus so manchem heruntergekurbelten Seitenfenster alles entgegengerufen wurde. „Dabei können wir doch auch nichts dafür“, sagt einer. „Wenn wir gesagt bekommen, wir sollen hier fräsen, dann tun wir das.“

Bei der Stadt ist man sich des Problems bewusst. Die Baustelle in der Kyrmannstraße soll in den nächsten Tagen abgeschlossen sein, erklärt Stadtsprecher Gerd Treffer auf Anfrage. Ähnlich ist die Situation in der Ickstattstraße. Hier wird an einer Wasserleitung gearbeitet. Solche Arbeiten lassen sich einfach nicht verschieben, so Treffer. Aber auch hier sollte es sich bald bessern.

Die Staus rühren vor allem daher, dass jeder, der durch das Viertel Richtung Norden fährt, früher oder später auf die Haunwöhrer Straße muss. Und die ist dicht. An den Einmündungen gibt es keine Ampeln. „Wenn dich da keiner reinlässt, dann wartest du ewig“, so Domke. Um den Verkehrsfluss etwas zu beschleunigen, ist die Taktung der Ampel an der Einmündung der Haunwöhrer Straße zur Ringstraße bereits verändert worden. So sollen möglichst viele Fahrzeuge pro Grünphase abgeleitet werden, erklärt Treffer.

In der Aventinstraße gilt für die Zeit der Baustelle in der Münchener Straße ein Parkverbot. Hier soll der Ausweichverkehr möglichst reibungslos durchfahren können. Yüksel Cabuk, der in der Straße wohnt, hat sein Auto deswegen in den Garten gestellt. Normalerweise hält auch er auf der Fahrbahn. Aber er bleibt gelassen. „Für drei, vier Wochen ist das okay“, sagt er. Aber natürlich stelle der deutlich angewachsene Verkehr vor seiner Haustür eine gewisse Belastung dar. „Wir sind es hier ruhiger gewohnt.“

Am Stammtisch vor einem Café am Pulverl drehen sich die Gespräche auch um die Baustelle und ihre Auswirkungen. Jeden Tag trifft sich die Gruppe hier und hat gestern ebenfalls festgestellt, dass der Verkehr vor ihrem Stammplatz mehr geworden ist. Hier fahren die vorbei, die von der Münchener Straße abbiegen müssen und auf die Haunwöhrer Straße und die Schleichwege ausweichen. Vor allem in der Früh sei es schlimm. Gestern habe sich der Verkehr auf der Münchener Straße bis zum Peterwirt in Unsernherrn zurückgestaut, sagt einer. Diskutiert wird auch die Frage, ob es wirklich nötig war, die Münchener Straße Richtung Norden komplett zu sperren. Wäre es nicht möglich gewesen, in beiden Richtungen eine Spur offenzulassen und nicht nur stadtauswärts? „Das haben wir natürlich geprüft und mit der Baufirma diskutiert“, versichert Treffer. Allerdings sei die Münchener Straße dafür zu schmal. Vorgeschriebene Sicherheitsabstände zwischen der Baustelle und dem Verkehr hätten nicht eingehalten werden können. „Es geht nicht anders“, stellt Treffer deswegen klar.

Als Umleitungsstrecke haben die Planer die Route über die Süd-Ost-Tangente und die Manchinger Straße ausgewiesen. Dort ging es deutlich zügiger voran als auf den Schleichwegen und der Haunwöhrer Straße. Allerdings war auch hier eine Zunahme des Verkehrs spürbar. „Normalerweise staut es sich morgens bis zur Pettenkofer-straße zurück“, sagt Michael Berthelmes, der an der Manchinger eine Tankstelle gepachtet hat. Gestern ging der Stau bis zur Autobahnbrücke, hat er beobachtet. Dennoch: „Ich hätte es mir schlimmer vorgestellt“, sagt er. „So dramatisch war es nicht.“

Der Stammtisch vermutet, dass kaum ein Haunwöhrer den Weg über die Manchinger Straße Richtung Innenstadt wählt und sich lieber auf geheime Routen durch das Viertel verlässt. „Unser Problem ist die Ortskundigkeit der Verkehrsteilnehmer“, sagt auch Treffer. Allerdings gibt es am Pulverl auch beschwichtigende Töne: „In München stehen die Leute jeden Tag eineinhalb Stunden im Stau. Bei uns regt man sich schon nach 15 Minuten auf.“