Ingolstadt
"Das Dorfleben ist nun ärmer"

Moni hatte ihren Kramerladen in Hundszell an Silvester das letzte Mal aufgesperrt

01.01.2014 | Stand 02.12.2020, 23:15 Uhr

Der Schore und der Heiner, die Zwoa Hundszeller, spielten auf und sangen für Moni (Mitte), die am Silvestertag ihren Kramerladen an der Kirchstraße das letzte Mal geöffnet hatte. Punsch und belegte Semmeln gab es für alle, die den Laden besuchten - Foto: Hauser

Ingolstadt (ok) „Solch einen Laden, in dem ein lieber Mensch wie die Moni steht, wirst du in ganz Ingolstadt nicht finden.“ Udo Riss, natürlich Hundszeller, brachte es am Silvestertag auf den Punkt. Wenn Moni ab heute frühmorgens ihren Kramerladen an der Kirchstraße nicht mehr aufsperrt, fehlt Hundszell und allen Hundszellern etwas.

Riss: „Das Dorfleben ist dann ärmer, eine Ära geht zu Ende. Das muss erst einmal jemand nachmachen.“

Moni, korrekt heißt sie Monika Opfolter, hatte an diesem Tag nah am Wasser gebaut. Der Laden wurde förmlich gestürmt. Alt und Jung waren gekommen, um „Servus“ zu sagen. Und auch „Danke“. Und „Bitte“: Vor allem die Kinder ließen Moni nicht aus den Augen. Wohl wissend, was Moni für sie bedeutet. Abenteuer in einem Laden, der nicht nur Brotzeit und Süßigkeiten, eine Poststelle oder Haushaltswaren bot. Sondern auch Spielzeug. Vieles hat sie am Dienstag einfach verschenkt an „ihre“ Kinder, die sie vermissen werden. Der Renner: „Guadl“ in kleinen Papiertüten. Und zum Schluss warf sie den Ball („den die Kinder schon so lange haben wollten“) über ihren Rücken in die Menge der fußballverrückten Kinder. Den Lederball mit den Bildern der Nationalspieler.

„Monis Kramerladen war wie eine große Familie“, umschreibt es Reinhard Löffler, der bei der Post arbeitet und jeden Tag die Pakete bei Moni abgeholt hat. „Du bist zur Moni gegangen, wenn du was gebraucht hast und hast es bekommen.“ Das bestätigen so viele Kunden an diesem Tag: „Du konntest so schön mir ihr ratschen, sie hatte immer Zeit.“ – „Bei Moni hast du alles erfahren.“ – „Es war eine nette Atmosphäre.“ – „Bei Moni war es einfach menschlicher als in einem Supermarkt.“ – „Sie wusste schon, was die Kinder für das neue Schuljahr brauchen, bevor die Liste der Lehrer ausgegeben wurde.“ – „Da konntest du auch um 19 Uhr klingeln, wenn du kein Brot daheim hattest.“ Monis Schwester, Cornelia Schneider, weiß: „Es wird ihr schwerfallen. Ihr werden die Kinder fehlen.“ Sie weiß aber auch, dass Moni nun ihren verdienten Ruhestand genießen soll. „Es waren schöne Jahre, es waren aber auch harte Jahre.“ Hart vor allem vor gut einem Jahr. Damals, als es brannte bei Moni. „Nach dem Brand wollte ich eigentlich gar nicht mehr. Dass ich es doch noch einmal gepackt habe, war die richtige Entscheidung“, weiß Moni heu-te. Vielleicht war auch deshalb der Ansturm so enorm. Extra angereist war sogar eine Familie aus Leipzig. Sie hatte bis vor zehn Jahren in Hundszell gelebt und von Monis Abschied gehört.

Am 8. Mai 1997 hatte Moni es gewagt. Nach zwölf Jahren im Restaurant und Hotel Widmann in Spitalhof und einigen Jahren in der Autobahnraststätte Köschinger Forst wollte sie etwas Neues anpacken. „Ein Jahr könne ich zurückkommen, wenn es nicht funktioniert, hatte mir mein Chef vom Köschinger Forst angeboten“, erzählt Moni. „Nach einem Jahr wusste ich, dass es geht.“ Sie blieb in Hundszell, neben der Schule, in die sie bis zur achten Klasse gegangen war. Ab halb sechs war jeden Tag Licht und Leben in Monis Kramerladen, um sechs Uhr kam dann der Bäcker mit frischen Semmeln.

Trotzdem war es nun an der Zeit: „Ich wollte aufhören, wenn ich 65 bin. Ich habe eh schon ein paar Monate angehängt“, lächelt sie, ehe sie die Realität wieder packt: Während ein Mann die restlichen Zeitschriften einpackt, fällt sie den Musikern um den Hals, die lauthals nach ihr rufen. Sie hört viele „Pfiati Moni“. Sie schüttelt viele Hände, lässt sich knuddeln und herzen. Und sie wischt sich ab und zu eine Träne aus den Augen.

Vieles wird anders sein, wenn der Laden wieder öffnet und Moni nicht mehr da ist.