Ingolstadt
Ärger im Plakate-Wald

Weil in Ingolstadt nur eine Firma Werbeposter aufhängen darf, denken Veranstalter über eine Klage nach

02.01.2013 | Stand 03.12.2020, 0:39 Uhr

Unten alt, oben neu: Das Gregorianische Kammerorchester wirbt regelkonform in 2,5 Metern Höhe in den Rahmen der Firma mediateam Stadtservice. Das tiefergehängte Poster der Silvesterparty im Ohrakel dürfte seit dem Jahreswechsel dagegen nicht mehr genehmigt werden - Foto: Strisch

Ingolstadt (DK) Die Stadt räumt auf. Damit es an Straßen bei der Plakatierung ordentlich zugeht, darf seit Anfang des Jahres in der Schanz nur noch eine Firma Poster aufhängen. Das stößt auf Widerstand. Manche Veranstalter befürchten höhere Kosten und weniger Werbeeffekt. Jetzt ist sogar eine Klage im Gespräch.

Es klang nach einer guten Idee: „Die Stadt lichtet den Plakate-Wald“, hieß es Ende November aus der Stadtverwaltung. Wer für eine Silvesterparty, einen Diavortrag oder eine Großveranstaltung werben wollte, holte sich bis Ende des vergangenen Jahres beim Tiefbauamt die Genehmigung für eine bestimmte Anzahl von Plakaten, bezahlte die fällige Gebühr und durfte die Werbekampagne starten. Allerdings seien dabei „oftmals zu viele Werbeplakate gleichzeitig und teilweise ungeordnet im Stadtgebiet ausgehängt“ worden, heißt es in einer Mitteilung der Stadt. Das sei nicht nur unschön, sondern unter Umständen sogar gefährlich. Etwa, wenn an einem Laternenmast zwei Plakate übereinander montiert wurden, und so die Sicht für Autofahrer eingeschränkt worden sei. Dazu kommt, dass sich bei Regen immer wieder Plakate gelöst hätten und auf die Straße geweht worden seien.

Diese Zeiten sind jetzt vorbei. Nach einer europaweiten Ausschreibung darf in Ingolstadt seit Anfang des Jahres nur noch die Firma mediateam Stadtservice aus Berlin Plakate aufhängen. Dazu sollen im Stadtgebiet entlang der Straßen in 2,5 Metern Höhe rund 800 feste Rahmen installiert werden. Hier können die Plakate wetterfest präsentiert werden. Die ersten wurden bereits im vergangenen Jahr angeschraubt. Seit 1. Januar soll jetzt alles „besser und schöner sein“, freut sich die Stadt.


Das sieht allerdings nicht jeder so. Einer der lautesten Kritiker der neuen Regelung ist Daniel Melegi. Er organisiert regelmäßig große Veranstaltungen wie die Winterbeats und betreibt außerdem einen Plakatservice in Ingolstadt und der Region. Ab sofort darf er die Plakate seiner Kunden nur noch im Umland und auf Privatgelände in der Stadt aufhängen. Das ist allerdings nicht das einzige, das ihn stört. Er hat ausgerechnet, dass die Kosten für flächendeckende Werbung einer Großveranstaltung in Ingolstadt deutlich steigen. So sehr, dass es sich auf die Eintrittspreise auswirken könnte, oder kleine Veranstaltungen sogar unrentabel macht, fürchtet er. Dem widerspricht man bei der Stadt. Gerd Treffer vom Presseamt hat nachrechnen lassen und ist sich sicher, dass sich die Kosten für Party-Organisatoren wenn überhaupt nur „unwesentlich“ änderten.

Melegi stört auch, dass es bei der Berliner Firma nur möglich sei, Plakatierungen wochenweise zu buchen. Das sei etwa bei einer kleineren Samstagabend-Party in einer Disco nicht sinnvoll. Dafür habe man bisher nur etwa vier Tage geworben, um Kosten zu sparen. „Früher interessiert es ohnehin keinen“, ist Melegi überzeugt. Außerdem werde bei der neuen Firma pro Plakat abgerechnet und nicht wie bisher pro Werbestelle. An einem Straßenmast, an dem etwa in beiden Fahrtrichtungen Plakate geklebt wurden, hätten sich so die Kosten verdoppelt. Außerdem sei die Werbung mit den normierten DIN-A1-Plakaten in einer Höhe von 2,50 Meter völlig nutzlos. „Da wirken sie viel zu klein.“ Viele Informationen seien so nicht zu transportieren. Das Design mancher Plakate – Melegi nennt als Beispiel die des Stadttheaters – sei so ausgelegt, dass es „nur auf Augenhöhe gesehen“, wirke.

Wer seine Urlaubsfotos öffentlich zeigen will, oder ein Verein, der zur Party lädt, wird seine Ankündigungen künftig nicht mehr ehrenamtlich und in Eigenregie kleben dürfen. Auch hier muss die Firma beauftragt werden. Und das kostet. „Das ist schwierig“, räumt Martin Dick, der Vorsitzende des BZA Münchener Straße und CSU-Mitglied ein. Für die Fackelwanderung der Partei gestern habe man etwa mit selbst geklebten Plakaten geworben. Das geht künftig nicht mehr. Immerhin werden der Ortsverein und alle anderen Parteien weiter politische Plakatwerbung aufstellen dürfen. Die ist von der aktuellen Regelung ausdrücklich ausgenommen.

Dass wilde Plakatiererei zuletzt in Ingolstadt ein großes Problem gewesen sei, findet Dick nicht. Er glaubt, dass in der Sache das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Und er könnte Recht behalten. Melegi und einige Mitstreiter haben einen Brief an Oberbürgermeister Alfred Lehmann geschrieben. Sie sehen sich durch den exklusiven Vertrag mit der mediateam Stadtservice in ihrer „Berufsfreiheit, Informationsfreiheit, aber auch dem Recht der freien Meinungsäußerung“ beschnitten, wie es in einem Entwurf des Schreibens heißt. „Notfalls behalten wir uns deshalb rechtliche Schritte vor.“