Ingolstadt
Exhibitionist belästigt Zeitungsausträgerin

27-jähriger Ingolstädter benimmt sich mitten in der Nacht in Neuburg daneben und muss nun ins Gefängnis

21.05.2013 | Stand 03.12.2020, 0:07 Uhr

Ingolstadt (DK) Diese Nacht im vergangenen September wird die 60-Jährige sicherlich nie vergessen. Es waren Minuten, die sich unabänderlich in ihr Gehirn eingebrannt haben. Fast wie ein Albtraum. Doch ihre Begegnung mit einem Exhibitionisten sei real, versicherte sie.

Der Vorsitzende Richter Georg Sitka sah das am Ingolstädter Landgericht jetzt ebenfalls so.

Die Frau ist Zeitungsausträgerin in Neuburg und somit von Berufs wegen in der Dunkelheit unterwegs. Ein Job, den viele wegen der Arbeitszeit nicht machen würden. Andere auch, weil es ihnen nicht geheuer ist, alleine in einer Stadt herumzufahren. „In 25 Jahren ist es mir nicht passiert, dass mir jemand so nachkommt“, berichtete die Neuburgerin im Zeugenstand am Landgericht. Gemeint war ein junger Mann, der der Austrägerin auf ihrer Tour gleich mehrmals aufgefallen sein soll. Zuerst auf einer Bank in einer der Ausfallstraßen. „Mei, da sitzt ein Betrunkener, das kommt vor“, so sei ihr erster Gedanke gewesen. Dann, einige Minuten später ein paar Straßen weiter, war es schon dieser hier: „Jetzt ist der schon wieder da.“ Der junge Mann schob angeblich sein Fahrrad vor der Frau. Da sei es ihr dann doch etwas mulmig geworden. Aber „kurz vor Ende der Tour“ sei sie weitergefahren und habe die letzten Zeitungen eingeworfen. Danach musste sie aber erneut an dem jungen Mann auf dem Gehsteig vorbei. Der habe sich plötzlich umgedreht – mit entblößtem Glied in der einen Hand; mit der anderen griff er an ihre Brust. „Ich habe geschrien, was ich konnte“, berichtete die 60-Jährige dem Gericht. „Ich habe mich sehr erschrocken. Ich wusste ja nicht, was dem sonst noch einfällt.“

Die Austrägerin fährt sofort zur Polizei. Den Exhibitionisten kann sie wegen seiner markanten Erscheinung gut beschreiben. Sein auffälliges Fahrrad ebenso. Eine Streife greift einen jungen Mann, auf den die Beschreibung passt, noch in der Nacht in Neuburg samt Rad auf. Es ist der 27-Jährige, der jetzt auch im Saal des Landgerichts wieder als Angeklagter saß.

Er war bereits im Dezember vom Neuburger Amtsgericht zu acht Monaten Haft wegen exhibitionistischer Handlungen verurteilt worden. Dagegen legte er Berufung ein. Seine Taktik für die neuerliche Verhandlung in Ingolstadt: Jawoll, er sei zwar tatsächlich in jener Nacht unterwegs gewesen. Aber: „Ich bin ihr weder gefolgt noch habe ich mich in den Weg gestellt noch habe ich ihr an die Brust gefasst.“

Für Richter Sitka stellte sich dann ganz selbstverständlich die Frage: „Warum kommt die Zeugin dann auf die Idee, solche Geschichten zu erzählen“ Er sei „felsenfest davon überzeugt, dass sich die Geschichte so zugetragen hat, wie sie es erzählte“. Der Richter fügte an, er habe selten eine Zeugin erlebt, die nach „einem so einschneidenden Erlebnis“ alles „in so ruhigem, sachlichen Ton“ vorgetragen habe.

Nicht einmal Rechtsanwältin Andrea Kremer wollte in Zweifel ziehen, dass es den „schockierenden“ Übergriff auf die 60-Jährige tatsächlich gegeben hat. Aber konnte das Gericht auch felsenfest davon überzeugt sein, dass es wirklich Kremers Mandant war und nicht der „große Unbekannte“?

„So ein Zufall ist völlig ausgeschlossen“, sagte Sitka, der die Strafe von acht Monaten Gefängnis für den Angeklagten bestätigte. Die muss der mehrfach vorbestrafte 27-Jährige absitzen. Mit der Strafe sei er noch gut bedient, so Sitka. Denn der Griff an die Brust der Frau hätte durchaus auch noch strafrechtliche Relevanz (sexuelle Belästigung) haben können.