Ingolstadt
Orientierungshilfe auf dem Weg zur besten Förderung

Regelschule oder Förderschule? Das Staatliche Schulamt hat in Friedrichshofen eine streng neutrale Inklusionsberatungsstelle eingerichtet

26.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:29 Uhr

Expertenrunde im neuen Beratungszimmer: (v. l.) Wilhelm Kaufmann (Rektor der Friedrichshofener Volksschule), Gabriele Habicht (Konrektorin), Maria Bürkl (Schulverwaltungsamt), Judith Pelz-Bauer (Lehrerin an der Emmi-Böck-Schule), Helmut Bauhuber (Beratungsrektor, Staatlicher Schulpsychologe), Karin Haltmayer (Lehrerin an der Schule von St. Vinzenz) und Hermann Haas (Schulamtsdirektor). - Foto: Silvester

Ingolstadt (DK) Die Frage ist heikel und angstbesetzt: Wann sollte ein Kind auf eine Förderschule gehen? Welche Möglichkeiten gibt es, Schüler mit Behinderung oder sozial-emotionalen Entwicklungsstörung in einer Regelschule zu unterrichten oder sie dorthin zurückzubringen? Für dieses Ziel hat sich der Begriff Inklusion etabliert: die Integration von Menschen mit Behinderung in Regelschulen.

Inklusion heißt also: Es gibt kein kategorisches Entweder – Oder zwischen Regel- und Förderschule, denn das Repertoire der Fördermöglichkeiten ist groß. Um alle Optionen vorzustellen und den Eltern Ängste zu nehmen, bedarf es einfühlsamer Gespräche. Das bietet die neue Inklusionsberatungsstelle, die das Staatliche Schulamt Ingolstadt jetzt eingerichtet hat.

Das Team bilden drei Fachleute: der Beratungsrektor und Schulpsychologe Helmut Bauhuber, die Förderschullehrerin Judith Pelz-Bauer (Emmi-Böck-Schule) und die Förderschullehrerein Karin Haltmayer von der Schule des Caritas-Förderzentrums St. Vinzenz. „Die drei sind absolut geeignet, weil sie über breite Erfahrung verfügen und bestens vernetzt sind“, sagt Hermann Haas, der Leiter des Staatlichen Schulamts. „In der Beratungsstelle gibt es die ganze Information gebündelt.“ Die Erfahrung sei auch damit zu erklären, „dass wir in Ingolstadt schon Inklusion betrieben haben, als es das Wort noch gar nicht gab“. Judith Pelz-Bauer etwa unterrichtet seit zehn Jahren in Kooperationsklassen und wirkt im bewährten Mobilen sonderpädagogischen Dienst mit. „Wir multiplizieren die Inklusion in den Regelschulen seit Langem“, erzählt sie.

Auch Karin Haltmayer hat viel Erfahrung in der Beratung von Eltern. „Es freut mich sehr, mitwirken zu dürfen! Wir haben den Auftrag, uns neutral um alle benachteiligten Schüler zu kümmern. Es ist für die Eltern wichtig, nicht das Gefühl zu haben, in eine bestimmte Richtung gedrängt zu werden.“ Damit kommt die Lehrerin zum zentralen Merkmal der Beratungsstelle: strenge Neutralität. „Sie ist eine Lotsenstelle. Hier wird nicht in Richtung Förderschule beraten, sondern immer ergebnisoffen“, erklärt Wilhelm Kaufmann, Rektor der Friedrichshofener Volksschule, in der die Stelle untergebracht ist; aber nur räumlich, nicht institutionell. Hier sitzen die Ansprechpartner für alle Eltern.

Montags und dienstags steht Beratungsrektor Helmut Bauhuber (nach Anmeldung) zwei Stunden lang für Gespräche mit Eltern bereit, Judith Pelz-Bauer und Karin Haltmayer wechseln sich an seiner Seite ab (weitere Informationen im Kasten). „Zu zweit beraten zu können, ist ein großer Vorteil“, sagt Bauhuber. Denn es gebe oft Heikles zu besprechen. Es komme vor, dass Eltern schockiert sind und erst lernen müssten, mit dem Defizit ihres Kindes umzugehen. „Da gilt es, viel Überzeugungsarbeit zu leisten.“ Aber diese Zeit nehmen sich die Berater. „Es ist wichtig, zu betonen: Inklusion heißt nicht unbedingt, dass es nur einen Bildungsweg für ein Kind gibt. Die Zahl der Möglichkeiten ist groß. Die Beratungsstelle hilft dabei, für jeden Schüler individuell die beste Förderung zu finden.“

„Wir können alle Eltern nur dazu ermuntern, dieses Angebot wahrzunehmen“, sagt Maria Bürkl, die stellvertretende Leiterin (und ab Juli Chefin) des städtischen Schulverwaltungsamts. „Denn allein die Eltern treffen die Entscheidung.“

Doch bei allem Willen zur Integration von Schülern mit Behinderung in Regelschulen darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Inklusion die Förderschulen ersetzen könnte (oder sie gar ersetzen soll). „Wir sind froh, dass wir die Förderschulen haben, weil sie unersetzliche Arbeit leisten“, betont Haas. „Es gibt immer Kinder, die einen geschützten Raum brauchen, den die Regelschule nicht bieten kann“, fügt Karin Haltmayer an. „Die entscheidende Frage lautet: Wo ist der beste Weg“, sagt Haas. Hier kann die neue Beratungsstelle sicher ein gutes Stück weiterhelfen.