Ingolstadt
Nicht nur Raser im Visier

Die Verkehrspolizei trifft auch immer öfter auf Autofahrer, die an ihrem Handy herumspielen

22.05.2012 | Stand 03.12.2020, 1:28 Uhr

„Im Gegensatz zu den Privaten sind wir noch tolerant“: Die Ingolstädter Verkehrspolizei blitzt erst ab zehn Stundenkilometer Überschreitung plus drei Stundenkilometer Aufschlag - Foto: Strisch

Ingolstadt (DK) Fast 800 Mal stellt die Verkehrspolizei pro Jahr im Stadtgebiet ihre Blitzanlagen auf, um die Autofahrer zu erziehen. Es scheint zu funktionieren: Bei immer weniger Unfällen ist überhöhte Geschwindigkeit die Hauptursache. Dafür lassen sich immer mehr Leute am Steuer vom Handy ablenken.

Heinz Busch und Erwin Hammerer wollen schon einpacken, da geht ihnen noch der dickste Fisch ins Netz. 66 Stundenkilometer versichert die digitale Anzeige in ihrem VW-Bus. Die beiden Polizeioberkommissare müssen nicht lange überlegen: „Das macht 160 Euro, drei Punkte in Flensburg und ein Monat Fahrverbot!“ So wird es dem Herrn am Steuer des Autos, das mit dieser Geschwindigkeit gestern Mittag auf der Jahnstraße in die Messung fuhr, bald in einem Bußgeldbescheid übermittelt werden. Er war satte 36 Stundenkilometer zu schnell unterwegs, weil an der Danuvius-Klinik und dem Scheiner-Gymnasium tagsüber Tempo 30 gilt. Busch und Hammerer haben wenig Mitleid mit dem Geblitzten. Es ist als Beamte der Verkehrspolizeiinspektion (VPI) ihr Job, auf Raserjagd zu gehen.

Der Bedarf ist an manchen Stellen offenbar groß: Knapp 1000 Autos haben sie gestern an der Jahnstraße gemessen. 132 wurden geblitzt, wobei die Anlage erst bei 44 Stundenkilometer auslöste. Dennoch waren immerhin 17 Fahrer über 21 Stundenkilometer zu schnell. Sie bekommen Punkte.

Bei einigen dürfte das Gejammer groß sein. „Wir messen immer an der falschen Stelle. Da fehlt vielen die Einsicht“, kennt Markus Billner die Klagen. Der Leiter der Zentralen Verkehrsaufgaben bei der VPI sagt aber deutlich: „Der Vorwurf der Abzocke ist einfach nicht nachvollziehbar.“ Fünf Teams der Verkehrspolizei stellen ihre Messstationen jeden Tag in der gesamten Region auf. Von Jetzendorf bis Titting und Rennertshofen bis Münchsmünster. Dazu auf der Autobahn von der Ausfahrt Altmühltal bis Pfaffenhofen (A9) und der A93 bis Mainburg. „Verkehrsüberwachung hat das Ziel, die Zahl der Unfälle zu verringern“, beschreibt Alois Batz, der Chef der VPI, die Aufgabe. „Wenn wir nicht regelmäßig messen, hält sich kein Fahrer an Begrenzungen.“

Der Einsatz wirkt. Ein dickes Lob haben die Verkehrspolizisten kürzlich im Rathaus bei der Präsentation der Unfallzahlen für das Ingolstädter Stadtgebiet erhalten. Die Hauptursache Geschwindigkeit sank deutlich: 2010 waren es bei 4125 Fällen noch 327, im abgelaufenen Jahr bei 4021 Fällen nur noch 208. „Das hat sicherlich mit den Messungen zu tun“, bedankte sich Franz Bäumler, der Verkehrssachbearbeiter der Polizeiinspektion, bei den Kollegen. „Da ist aber wirklich ein Umdenken der Bürger zu erkennen“, ergänzt Markus Billner diese Einschätzung. Gerade auf Ausfallstraßen würde inzwischen deutlich langsamer gefahren. Das kann er für die Autobahn, den anderen großen Aufgabenbereich der VPI, nicht sagen, aber da gibt es überraschende Zahlen: Bei den 1119 Unfällen vergangenes Jahr hätten nur 159 überhöhte Geschwindigkeit als Hauptursache. „Gar nicht so viele, wie man denkt“, sagt Batz, „das ist aber noch Rang eins bei den Ursachen. Dem können wir jedoch kaum entgegenwirken, wir haben ja kaum ein Tempolimit in unserem Bereich.“ Viel sei dem stark gestiegenen Schwerlastverkehr geschuldet. „An den Anschlussstellen wird es regelmäßig eng, wenn ein Lkw ausschert“, sagt Billner. Er ist aber überzeugt: „Wir haben da noch kein Problem.“

An anderer Stelle sorgen sich die Polizisten mehr: „Jeder weiß, dass es verboten ist, aber Handyfahrer sehe ich jeden Tag mehrere“, sagt Batz. Gemeint sind jene Verkehrsteilnehmer, die sich mehr auf ihr Telefon als auf die Umgebung konzentrieren. Facebook und Co. sowie Navigationsgeräte lenken sie ab. „Da haben wir wirklich eine enorme Steigerungsrate“, ergänzt Billner, „wir haben ein Viertel mehr beanstandet. Aber die Dunkelziffer ist immens hoch.“ Doch Heinz Busch, Erwin Hammerer und ihre Kollegen werden viel Licht ins Dunkel bringen.