Ingolstadt
Mutmaßliche Abzocker in Haft

04.08.2010 | Stand 03.12.2020, 3:48 Uhr

Ingolstadt (DK) Nach der Abzocke von 33 Bankkunden über ausspionierte EC-Kartendaten vor knapp sechs Wochen hat die Polizei jetzt die mutmaßlichen Täter gefasst. Es handelt sich um neun Rumänen, die mit ihrer Masche an mehreren Orten in Deutschland fremde Konten abgeräumt haben sollen.

Sieben Beschuldigte sitzen mittlerweile in Untersuchungshaft. Und auch die Drahtzieher scheinen gefasst: Eine 48 Jahre alte Rumänin ist am Mittwoch nach Deutschland ausgeliefert worden, ein 30-jähriger Landsmann wurde ebenfalls gestern von deutschen Ermittler in seinem Heimatland abgeholt. "Die rumänischen Kollegen haben vorbildlich mit uns kooperiert", freute sich Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert von der Staatsanwaltschaft Wuppertal. Die Behörde ist für die Ermittlungen gegen die Bande zuständig.

Die Osteuropäer waren nach ähnlichen Straftaten in Nordrhein-Westfalen ins Visier der Behörden geraten. Nach langwierigen Ermittlungen hatte die Polizei jetzt sieben Rumänen in Aschaffenburg, Dortmund und Lüdenscheid festgenommen. Sie waren nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft Wuppertal für die Beschaffung der technischen Geräte sowie die Sammlung und Auswertung der EC-Kartendaten zuständig, so der Vorwurf. Die 48-jährige Rumänin und der 30-Jährige, die als mutmaßliche Drahtzieher der Bande gelten, wurden auf Betreiben der deutschen Behörden in ihrem Heimatland dingfest gemacht. Dorthin war auch das ergaunerte Geld transferiert worden. "Möglicherweise ist sogar noch etwas zu holen", sagte Oberstaatsanwalt Baumert gestern. Der durch die Bande verursachte Schaden wird bei über einen halben Million Euro vermutet.

Die Spur nach Ingolstadt hatte sich über zwei Wege erschlossen: Auf dem Notebook eines der Beschuldigten fanden sich Bankdaten eines betrogenen Kunden aus der Donaustadt. Außerdem ergab die Auswertung von Handydaten, dass die Tatverdächtigen sich zur fraglichen Zeit hier aufgehalten hatten. Wie berichtet, waren am letzten Juni-Wochenende mehrere Ingolstädter Kunden der Deutschen Bank in einer Filiale an der Bahnhofskreuzung Opfer der überaus perfiden Machenschaften geworden. Der Schaden beläuft sich auf über 50 000 Euro.

Die Vorgehensweise der Betrüger ist stets dieselbe: Sie bringen entweder an der mit EC-Karte zu öffnenden Eingangstür oder über dem Karteneinzug an den Geldautomaten Aufsatzgeräte an und lesen so die Kartendaten aus. Um an die jeweilige Geheimnummer (PIN) zu gelangen, befestigen sie eine Minikamera über der Tastatur. Einen eventuell vorhandenen Sichtschutz über den Tasten brechen sie ab, um über die Linse freie Sicht auf das Eingabefeld zu erhalten. Die so gewonnenen Daten gehen ohne Zeitverzögerung – vermutlich über das Internet oder über Handyverbindungen – direkt an die Kriminellen. Teils noch am selben Tag waren die Konten der Betroffenen von Turin und Amsterdam sowie einmal sogar von Mexiko aus mit Kartenduplikaten abgeräumt worden. In Ingolstadt sind bisher 33 Opfer bekannt. "Der höchste abgebuchte Betrag liegt bei 3000 Euro, im Schnitt waren es 500 bis 1000 Euro", sagte Hans-Peter Kammerer vom Polizeipräsidium an der Esplanade. "Betroffen waren Arbeiter ebenso wie Akademiker. "Die Täter haben aber nicht einmal Halt vor dem Taschengeldkonto eines Jugendlichen gemacht und ihm 70 Euro abgenommen."

Ein echter Schaden ist den Betrogenen indes nicht entstanden. Evelyn Koch von der Deutschen Bank hatte gleich nach der Abzocke versichert, den Kunden den jeweiligen Betrag sofort zu ersetzen.