Ingolstadt
Landesgeschichte mit Knalleffekt

Napoleon-Ausstellung hat bis Pfingsten schon über 15 000 Besucher angelockt

25.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:16 Uhr

Mit Steinschlossgewehr und Raupenhelm: Ludwig Pfleghart zeigt, was ein bayerischer Infanterist der napoleonischen Zeit anhat, wie er marschiert, gedrillt wird und mit seiner Waffe umgeht - Fotos: Hauser

Ingolstadt (DK) Am Pfingstwochenende hatte Ingolstadt drei große Besuchermagneten aufzubieten: An vorderster Stelle natürlich die FC-Aufstiegsfeier, dann den Volksfesttrubel an der Dreizehnerstraße und schließlich für Leute, die es etwas ruhiger mögen, im Neuen Schloss die Napoleon-Ausstellung. Mit der Ruhe ist es aber so eine Sache. „Das ist zu voll, das erschlägt einen ja“, sagt Pavel Fieber.

Der Schauspieler und Regisseur sitzt am Pfingstsonntag mit seiner Frau Susanne Wimmer und den Schwiegereltern im Schlosshof-Café. Die vier Herrschaften haben gerade ihren Rundgang durch die Landesausstellung hinter sich. „Sehr interessant“, bescheinigt Fieber der Napoleon-Schau, „aber heute sind wahnsinnig viele Leute da. Ich gehe da sicher noch mal rein, nur nicht an einem Sonntag.“

Schwiegervater Günter Wimmer ist mit seiner Frau aus Karlsruhe angereist. „Ich bin natürlich vorbelastet“, schickt der ehemalige Geschichtslehrer voraus. Was im Neuen Schloss zu sehen sei, findet er „in jeder Beziehung hervorragend“. Die Fahrt nach Ingolstadt habe sich „auf jeden Fall gelohnt“.

Die Art etwa, wie der Russlandfeldzug Napoleons dargestellt werde, sei „ganz toll“. Die Besucher könnten „mit allen Sinnen erfahren“, berichtet Wimmer noch ganz beeindruckt, welche Katastrophe dieser Krieg gewesen sei. Kurz: Das Konzept der Ausstellung verdient nach dem Urteil des Historikers klar die Note eins.

Auch Volker Bräu vom Haus der Bayerischen Geschichte kann bisher nicht klagen. „Die Ausstellung wird sehr gut angenommen“, erklärt er auf Anfrage. „Vorgestern haben wir die 15 000 geknackt.“ Mit dem Pfingstwochenende werde man auf 16 000 bis 17 000 Besucher kommen – und das nach rund dreieinhalb Wochen.

Während sich am Café neben der Museumskasse die Besucher bei Bienenstich und Rhabarberkuchen von den weltgeschichtlichen Umwälzungen der napoleonischen Zeit erholen, bietet Fortunatus Zagler hinter dem Tresen Lesestoff in allen Preisklassen feil. Vom großen Ausstellungskatalog habe er schon über 400 Stück verkauft, erzählt der Mitarbeiter des Bayerischen Armeemuseums. Der kindgerechte Führer „Mit Sattel und Zaumzeug“ aus der Perspektive von Napoleons Schimmel Marengo geht ebenfalls nicht schlecht.

Für Liebhaber des Militärwesens mit dickem Geldbeutel hat Zagler die zwei Wälzer „Deutsche Infanterie“ für 129 Euro und „Das Eiserne Kreuz“ für 149 Euro im Sortiment. Dagegen ist der Napoleon-Parfümflakon aus der Partnerstadt Grasse für 55 Euro fast geschenkt. Und wer nur ein Schnäppchen sucht, ist mit der „Bayerischen Schreibmaschine“ – einem Kugelschreiber im weißblauen Rautenmuster – für 1,95 Euro ganz gut bedient.

Anders als Fortunatus Zagler liefert Ludwig Pfleghart draußen im Schlosshof Kriegsgeschichte zum Anfassen. „Ich bin historisch schwer begeistert“, gesteht der 39-Jährige dem DK, bevor er sich wieder für einen seiner Auftritte als Korporal rüstet. Das Feuer für die greifbare Historie habe in ihm vor vielen Jahren der Archäologe und Militärhistoriker Marcus Junkelmann entzündet, der an diesem Pfingstsonntag ebenfalls vor Ort ist. Mit ihm zusammen, so Pfleghart, habe er schon diverse archäologische Touren unternommen, zum Beispiel einen 260-Kilometer-Marsch in der Uniform eines bayerischen Grenadiers. „Es ist total schön, wenn man so ein Experiment überstanden hat.“

Jetzt führt der Ingolstädter – im Zivilleben Chemikant bei der Gunvor-Raffinerie – die Ausrüstung eines Infanteristen der napoleonischen Zeit vor. Pfleghart ist Korporal, trägt also den niedrigsten Dienstgrad eines Unteroffiziers. Dass seine Vorgänger vor 200 Jahren noch mit dem Korporalsstock die Mannschaftssoldaten zu züchtigen pflegten, erwähnt er am Rande.

Die genagelten Schuhe, mit denen die armen Kerle damals bis nach Russland marschieren mussten, sind offenbar gar nicht so unbequem, wie sie ausschauen. „Wenn die mal eingelaufen sind“, weiß Pfleghart aus Erfahrung, „geht es einigermaßen.“ Wie ein Infanterist in einem leinengefütterten Mantel – der Schlafsackersatz – einen russischen Winter überleben konnte, mag man sich gar nicht vorstellen. Kein Wunder, dass die meisten Soldaten an Krankheiten und schlechter Ernährung zugrunde gegangen sind, weniger bei Kämpfen.

Als der Darsteller neben den imposanten Kanonen des Armeemuseums ein Uniformteil nach dem anderen vorführt, versammelt sich um ihn langsam eine Besucherschar, die beinahe Kompaniestärke erreicht. Klar, dass der Infanterist zum Abschluss auch noch zeigen muss, wie der Zündmechanismus eines Steinschlossgewehrs funktioniert. So endet diese kriegerische Demonstration zu Füßen des Neuen Schlosses mit lautem Knall.