Ingolstadt
Gewerkschaftsjahr im Überblick

Wachstum und Stellenabbau Vertreter der Betriebe berichten auf Seniorenversammlung der IG Metall

23.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:10 Uhr

Eindringliche Worte fand Bernhard Stiedl, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall. - Foto: Brandl

Ingolstadt (DK) Bei der letzten Seniorenversammlung des Jahres der IG Metall Ingolstadt gab es für die Altgewerkschafter Aktuelles aus den Betrieben in der Region zu hören. Das Treffen fand im Festsaal des Stadttheaters statt. Nach der Begrüßung durch den Politischen Sekretär Erich Seehars hatten die Vertreter der Betriebe das Wort.

Für Audi berichtete Betriebsrätin Karola Frank, dass die letzten zwei Jahre "nicht motivierend" gewesen seien. Ständig neue Enthüllungen hätten den "Tanker Audi" durch "stürmische Zeiten" fahren lassen. "Es reicht uns endgültig", sagte Frank angesichts der Diesel-Krise. Nun hoffe man, dass sich die Lage nach Ernennung vier neuer Aufsichtsräte zum Guten verändere. Frank forderte unter anderem eine konkrete Zusage über die Auslastung des Ingolstädter Werks über 2020 hinaus und bekräftigte die Forderung der IG Metall nach sechs Prozent mehr Lohn für die neue Tarifrunde.

Das derzeit "stetige Wachstum" beim Automobilzulieferer Conti Temic strich Betriebsratsvertreter Andreas Biehunko in seinem Bericht heraus. Unter anderem erfolge im Dezember die Inbetriebnahme einer 1600 Quadratmeter großen Betriebserweiterung in der Erni-Singerl-Straße. Zudem seien zwei neue Betriebsvereinbarungen über mobiles Arbeiten und Gleitzeit abgeschlossen worden.

Weniger erfreuliche Nachrichten hatte Gerhard Hyna vom Betriebsrat des Textilmaschinenherstellers Rieter dabei. Demnach wolle die Schweizer Industrieholding bis Ende kommenden Jahres in Ingolstadt rund 220 Arbeitsplätze abbauen und die Produktion nach Tschechien auslagern (DK berichtete). "Damit geht wohl eine Ära zu Ende", befürchtete Hyna. Er kritisierte vor allem, dass durch den Schritt aus seiner Sicht deutscher Facharbeit die Anerkennung entzogen würde.

Für die Osram-Werke in Eichstätt ging Betriebsratsvertreterin Sonja Göschl ein auf die Abspaltung der Sparten Glühlampen und LED-Lampen, die sich seit 2016 in dem neuen Unternehmen Ledvance wiederfinden. Sie konnte vermelden, dass mit weiteren Einstellungen zu rechnen sei und dass es seit Mitte Oktober einen eigenen Betriebsrat gebe. "Sehr erfreulich" sei derzeit die Auslastungssituation bei Airbus in Manching, wie Verkaufsleiter Andreas Domke vermelden konnte. Die Mitarbeiter machten derzeit Überstunden und es würden Neueinstellungen vorgenommen. Was die kommende Tarifrunde und die Betriebsratswahl angehe, befinde man sich bereits in den Planungen, auch für Warnstreiks.

Dringend neue Facharbeiter im Metallbereich benötige der Automobilzulieferer Schaeffler. Das sagte Verkaufsleiter Steffen Teppich. Zwar habe Schaeffler das Segment Alubearbeitung in die Slowakei ausgelagert, die 90 betroffenen Mitarbeiter konnten aber wieder eingesetzt werden. Zudem seien heuer von 200 Leiharbeitern 50 übernommen worden.

Für Ledvance sprach anschließend stellvertretend Bernhard Stiedl, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall in Ingolstadt. Er ging ein auf den für 2018 geplanten Stellenabbau, von dem neben Augsburg und Berlin auch Eichstätt mit 30 Arbeitsplätzen betroffen sei. Noch vor Weihnachten wolle Ledvance jedoch ein Zukunftskonzept erarbeiten. Gehe dieses "in die richtige Richtung" so Stiedl, "dann unterstützen wir das", sagte er. Im anschließenden Bericht der Geschäftsleitung stellte er die Stärke der IG Metall in Ingolstadt heraus. Sie sei bundesweit die Geschäftsstelle mit dem größten Anteil junger Mitglieder und könne "beispielhaft aktive Senioren" vorweisen. Stiedl kritisierte die gescheiterten Sondierungsgespräche zur Regierungsbildung im Bund und machte dafür vor allem die FDP verantwortlich. Er warf den beteiligten Parteien vor, sie kümmerten sich zu wenig um Themen wie gerechte Renten und Steuerpolitik sowie Ordnung am Arbeitsmarkt. Die angekündigte Rentenerhöhung von etwas mehr als drei Prozent sei "zu wenig", um den Lebensstandard im Alter zu sichern. Die Rente mit 67 sei zudem ein "historischer Fehler". Der anhaltende Erfolg der Wirtschaft müsse sich im Einkommen der Arbeitnehmer niederschlagen, so Stiedl.

Einen mit viel Leidenschaft geführten Appell richtete anschließend einer der älteren Teilnehmer an die anwesenden Gewerkschaftssenioren. Er kritisierte die Zunahme von Sitzen im Bundestag und forderte ein Bürgerbegehren für ein schlankeres Plenum und geringere Diäten.