Ingolstadt
Für den Krieg bereit

Nach der Landesausstellung kehrt das Bayerische Armeemuseum Epoche für Epoche in das Neue Schloss zurück

19.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:47 Uhr

Napoleon ist ausgezogen, aber jetzt füllt sich der Fahnensaal des Schlosses langsam wieder. Die Replik einer bekannten "Germania"-Darstellung hängt schon an der Wand, und auch ein bayerisches Geschütz aus dem 19. Jahrhundert kündet von der Sonderausstellung "Nord gegen Süd" über den Deutschen Krieg von 1866, die Museumsleiter Ansgar Reiß (Foto) am 21. Juli eröffnen wird. - Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Ein halbes Jahr nach dem Ende der Landesausstellung im Neuen Schloss kehrt das Bayerische Armeemuseum schrittweise dorthin zurück, zunächst mit einer Sonderausstellung. 2018 soll das im Schloss gelegene Feldkirchener Tor mit einer Verbindung zur Rossmühle öffentlich zugänglich sein.

Es gibt noch große Schlachten zu schlagen, und das Bayerische Armeemuseum geht die Aufgabe wohlgeordnet an: 1866 der preußisch-österreichische Krieg um die Vorherrschaft in Deutschland, 1618 der Beginn des Dreißigjährigen Krieges - da stehen runde Jubiläen ins Haus. Das Museum wird sie mit Sonderausstellungen würdigen und damit zugleich zwei Etappen auf dem Weg des Schlosses in die museale Moderne zurücklegen. Denn in der einstigen Herzogsresidenz, deren Säle seit dem Ende der erfolgreichen Bayerischen Landesausstellung "Napoleon und Bayern" leer stehen, wird schrittweise eine neue Dauerausstellung aufgebaut. Die altbekannte Schau des im Jahr 1972 eröffneten Museums ist wegen der Landesausstellung ins Depot verlagert worden. Nun kehren beliebte Klassiker und noch nie gezeigte Schätze aus der reichen Sammlung, überarbeitet und in modernem museumsdidaktischen Rahmen, in das Neue Schloss zurück. Doch weil die finanziellen und personellen Möglichkeiten des staatlichen Museums begrenzt sind, wird sich dessen Renaissance voraussichtlich bis ins Jahr 2020 erstrecken, erklärt Ansgar Reiß, der Direktor. Das neue Armeemuseum wird schrittweise Gestalt annehmen. Etage für Etage, Epoche für Epoche.

Am Anfang steht die Sonderausstellung "Nord gegen Süd - der Deutsche Krieg 1866", eine Eigenproduktion des Museums (geplante Eröffnung am 21. Juli), für die Reiß und seine Mitarbeiter aus dem Vollen schöpfen können, denn mit Exponaten aus dem 19. Jahrhundert ist das Bayerische Armeemuseum besonders gut bestückt. "Hier geht es auch um die Frage: Wo steht Bayern in Mitteleuropa in dieser Konstellation? Denn in der Zeit der deutschen Reichsgründung führen wichtige Schritte in die Gegenwart." Die 1866er-Schau dient auch der inhaltlichen und technischen Vorbereitung der Dauerausstellung.

Neben der konzeptionellen und didaktischen Neuausrichtung verändert das Schloss auch baulich seine Gestalt. Der Museumseingang wird in das Verwaltungsgebäude verlegt. Die Besucher treten dann nach der Kasse vor das Feldkirchener Tor, den 1368 erbauten Osteingang der Stadt, welcher vom später errichteten Schloss umfasst ist. Oberbürgermeister Christian Lösel hat das Vorhaben forciert, das Feldkirchener Tor der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (tagsüber, so wie den Schlosshof) und mit einer Rampe bis zur Rossmühle im Osten des Schloss-Pallas' zu verlängern; er nennt das die "Durchwegung" des Gebäudes. Wenn nichts dazwischenkomme, könnte diese ambitionierte Planung 2018 Realität sein. "Von uns aus läuft alles", sagt Reiß, der sich sehr darauf freut, "dass das Stadttor wieder in Erscheinung tritt". Der Schlosshof bekomme damit einen dritten Zugang "und das Kreuztor ein östliches Pendant". In der Zeit, da beide Tore erbaut wurden - im späten 14. Jahrhundert - wird auch die künftige Dauerausstellung des Armeemuseums einsetzen. Bis 2018 sollen das Parterre und das Obergeschoss des Schlosses neu eingerichtet sein. Hier lernen die Besucher die Militärgeschichte bis zum Ende der Napoleonischen Ära (1815) kennen. Die weitere Geschichte bis zum Ende der bayerischen Armee 1918 wird im zweiten Stock erzählt. Im Jahr 2020 soll die Ausstellung vollendet sein. "Das erfordert einen hohen Aufwand, weil wir die Bestände neu recherchieren und publizieren", sagt Reiß. Es sei etwa geplant, einen Katalog vorzulegen. "Wir erschließen viele Exponate, die seit 1945 noch nie gezeigt wurden", ergänzt Tobias Schönauer, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Armeemuseums. Zum Beispiel eine Panzerhose aus dem frühen 15. Jahrhundert: Leinen mit eingenähten Eisenplatten aus Italien, eine echte Rarität.

Die Präsentation der Exponate soll "eine dichte historische Ausstellung ergeben, nicht nur eine Galerie", sagt Reiß. Ein Lernort auf modernem museumspädagogischen Niveau. Er legt auch Wert darauf, dass kein rein altbayerisches Armeemuseum entsteht, sondern auch die 1803 hinzugewonnenen fränkischen und schwäbischen Gebiete Beachtung finden, etwa mit einem Schwerpunkt auf der Reichsstadt Augsburg und einer Galerie mit 25 Porträts aus einem fränkischen Regiment, die zu Ehren des römisch-deutschen Kaisers Karl VII. angefertigt wurden. "Die Franken waren immer sehr reichstreu", erzählt Reiß. Karl, ein ziemlich trauriger Wittelsbacher, war 1745 nach drei unbedeutenden Jahren auf dem Thron gestorben. Während seiner Regentschaft "musste er die meiste Zeit in Frankfurt residieren, weil München von den Österreichern besetzt war".

Seit Kurzem verstärkt ein weiterer Mitarbeiter das Museum: der promovierte Historiker Frank Wernitz, ein Ordenexperte von Rang. "Er ist der Autor des Standardwerks über das Eiserne Kreuz", sagt Reiß. Es steht bei ihm im Regal: zwei dicke, schwere, großformatige Bände, vermutlich schussfest.