Ingolstadt
Frischer Schnitt vom Engel

Rund zehn Friseure aus ganz Bayern hübschen kostenlos Bedürftige auf

18.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:40 Uhr

Handwerk aus Leidenschaft: Für Henrik Aschenbrenner von Barber Angels Brotherhood ist es eine Selbstverständlichkeit, in der Freizeit Bedürftigen die Haare zu scheiden. - Foto: Brandl

Ingolstadt (DK) Als Markus nach gut einer Viertelstunde vom Stuhl aufsteht, streckt er den Oberkörper durch und strahlt. Zuvor hat er stolz seine neue Frisur im Handspiegel begutachtet, den Henrik Aschenbrenner ihm vors Gesicht hält.

Eine fragende Geste: Passt es? Markus nickt zufrieden - der Undercut sitzt. Aschenbrenner ist Friseur in Neustadt an der Donau. An diesem Sonntagmittag hat er gemeinsam mit rund zehn Kollegen seiner Zunft und weiteren Helfern in der Donaustraße in einem leer stehenden Ladengeschäft Schere und Kamm ausgepackt und schneidet Haare. Diesmal allerdings kommen Menschen vorbei, die bedürftig sind und sich den Besuch beim Friseur nicht leisten könnten. Der Schnitt ist deshalb kostenlos.

Barber Angels Brotherhood nennt sich das wohltätige Vereinsprojekt, was übersetzt so viel heißt wie Bruderschaft der Friseurengel. Seit der Gründung 2016 haben die Barbiere mit Herz laut eigenen Angaben in ganz Deutschland in mehr als 20 Einsätzen über 3500 Leuten Haare und Bärte getrimmt, um den Betroffenen Würde und mehr Lebensqualität zu verleihen. Der neue Look habe aber auch schon zu Erfolgen bei der Wohnungs- und Jobsuche beigetragen, heißt es.

In der Schanz machen die frisierenden Engel mit Unterstützung der Innenstadtfreunde und der Straßenambulanz von Bruder Martin jetzt das erste Mal Station. Erwartet werden in drei Stunden rund 50 Frauen, Männer und Kinder, die einen Gutschein erhalten haben. So wie Markus, der von Bruder Martin eingeladen wurde. Wie er die Aktion findet? "Cool, das ist mal etwas anderes. Die Aktion ist in Ordnung", sagt er glücklich und fährt sich durch das frisch gegelte und duftende Haar. Für Aschenbrenner ist die selbstlose Geste eine Selbstverständlichkeit. "Wir Friseure lieben unser Handwerk. Wenn ich dabei noch etwas Gutes tun kann, dann ist das okay", sagt er und hält nach dem nächsten "Kunden" Ausschau. Seine Frau spende ihr Trinkgeld regelmäßig für die gute Sache, erzählt er. "Ich schneide lieber."

Mit dabei ist auch Aschenbrenners Kollege Fatih Lök, der in Ingolstadt den Barber Shop Helden Macher betreibt. Die weitesten Anreisen an diesem Sonntag hatten bei Schneefall und Eis Friseure und Helfer aus München, Passau und dem Bayerischen Wald. "Wir sind eben früher losgefahren", sagt einer von ihnen ob der widrigen Straßenverhältnisse. Ihnen geht es auch darum, das Projekt weiter zu tragen. Aschenbrenner habe dafür schon bei Aktionen in Salzburg mitgewirkt, um es auch in Österreich bekanntzumachen. "Unser Ziel ist es, die Aktion in jeder Stadt alle drei bis vier Monate zu wiederholen", sagt er. Auch sollen so Vertreter anderer Branchen dazu animiert werden, Gutes für die Leute im eigenen Land zu tun.