Ingolstadt
Hoffnungsschimmer über dem Stadion

FC-Fans loben den Kampfgeist beim Spiel gegen Dortmund aber bemängeln fehlende Erstliga-Erfahrung

23.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:09 Uhr

Im ausverkauften Stadion verfolgen die FC-Fans gebannt die Leistung ihrer Mannschaft (oben). Der neunjährige Lars besucht jedes Heimspiel und bekam sogar einen Dortmund-Schal geschenkt. Und auch das Selfie vor dem Sportpark gehört dazu.

Ingolstadt (DK) Was vor dem Spiel kaum einer für möglich hielt, hat der FC mit dem Unentschieden gegen Dortmund geschafft. Die Fans loben vor allem den Kampfgeist der Mannschaft. Doch eine Trendwende oder gar der Klassenerhalt sind in ihren Augen noch lange nicht geschafft.

Eigentlich könnte es sich Markus Kauczinski ziemlich leicht machen. Der Trainer des FC Ingolstadt müsste eigentlich nur bei jedem Spiel einen Anhänger der jeweiligen gegnerischen Mannschaft davon überzeugen, mit dem kleinen Lars die Fanschals zu tauschen. Oder noch besser, dem Neunjährigen einen zu schenken. Denn immer dann legt sich der FC ins Zeug.


"Ingolstadt hat super schön gespielt", freut sich der junge Fan nach der Begegnung, die er zusammen mit seiner Mutter angeschaut hat. Seit zwei Jahren ist er bei jedem Heimspiel dabei, gelegentlich besucht er sogar Auswärtspartien. Als Einziger trägt er die Schals beider Mannschaften, worauf er stolz ist. "Beim Spiel gegen Bayern wollte er schon seinen FC-Schal gegen den der Münchener tauschen", erzählt seine Mutter: Er bekam einen geschenkt. Und am vergangenen Samstag gegen Dortmund wollte er wieder tauschen - und erhielt prompt wieder ein Exemplar umsonst.

Ob es nun wirklich am Schal von Lars liegt, dass die Ingolstädter am Samstagnachmittag zu Hause beinahe gewonnen hätten und am Ende zumindest ein Unentschieden herausgespielt haben, sei dahingestellt. Doch die Begegnung gegen den Rekordmeister ist den FC-Fans noch gut in Erinnerung. "Die Mannschaft braucht einfach die richtigen Gegner wie heute gegen Dortmund oder zuletzt gegen Bayern, dann ist sie auch gut", sagt ein Zuschauer. Wie etliche andere lobt er den Kampfgeist der Schanzer. "Das ist eine Frage der Einstellung", ist des öfteren zu hören - übrigens sowohl von den Ingolstadt- als auch von den Dortmund-Fans.

Die waren nämlich mit einer ganz anderen Erwartungshaltung nach Ingolstadt gereist. "Emma 2" ist so ein typischer Ruhrgebiet-Fan, der mit seiner Mannschaft durch dick und dünn geht - und zur Feier des Tages (und zum Entsetzen des traditionsbewussten Verfassers dieser Zeilen) schwarz-gelb geringelte Socken zur Lederhose angezogen hat. Einen "deutlichen Sieg" hat er seiner Mannschaft vor Spielbeginn vorausgesagt. Die lapidare Begründung: "Weil wir so gut sind."

Doch das ist halt das Schöne am Fußball, dass sich auch die "Experten" gerne mal irren. So wie Oliver aus Dresden, der als bekennender Dortmund-Fan eigens nach Ingolstadt gefahren ist. "3:0 für Dortmund", lautete eine halbe Stunde vor dem Anpfiff seine Prognose. Dabei bringt der 28-Jährige durchaus ein gewisses Verständnis dafür auf, dass in Ingolstadt heuer die ersten Spiele nicht ganz so toll gelaufen sind. "Das zweite Jahr nach dem Aufstieg ist immer am schwersten", sagt er, eine Haltung, die übrigens auch die meisten FCI-Anhänger teilen: "Schöner Fußball bisher, aber leider erfolglos."

Kaum einer hat den Schanzern vor der Begegnung einen Sieg zugetraut - bis auf wenige Ausnahmen. "Wenn die so spielen wie gegen Bayern, könnten sie sogar gewinnen", lautete die Prognose von David Krebs. Er sollte (fast) recht behalten, so wie auch die kleine Luisa, die mit Bruder Jonas und ihrem Vater eine Dauerkarte hat und aus Mainburg gekommen ist. 2:1 für Ingolstadt lautete ihre Vorhersage, während ihr Bruder genau das Gegenteil erwartet hatte.

Doch nach dem Unentschieden sind solche geschwisterlichen Differenzen bald vergessen, es bleibt der Eindruck einer kämpferischen Mannschaft. Genauso wie auch die vor dem Anpfiff heiß diskutierte Trainerfrage nicht mehr ganz so aktuell erscheint.

Dennoch: An eine Trendwende glauben die meisten Fans noch nicht. "Das wird sich in den nächsten Partien zeigen", meint ein Träger des schwarz-roten Schals. Doch was läuft eigentlich nicht richtig beim FC, wo liegen die Defizite? "Es wurden die falschen Spieler gekauft", sagt Matthias stellvertretend für viele andere. Jetzt brauche der Verein ein paar erfahrene Erstliga-Spieler, nicht erst in ein paar Jahren, wenn die Neuzugänge dann so weit sein sollen, wie im übrigen auch der Trainer keine Erfahrung in der ersten Liga habe. "Wir haben einfach keine Alternativen", ist zu hören, und außerdem hat der FC noch einige Nationalspieler in seinen Reihen. Ob der Klassenerhalt gesichert ist, wagt keiner vorherzusagen. "Ich weiß nicht, was ich dazu meine. Ich wünsche es mir." Oder wie es ein anderer Fan so schön ausdrückt: "Die Hoffnung stirbt zuletzt."