Ingolstadt
Erneuerung auf breiter Front

Das Armeemuseum rüstet sich für die Zukunft – 2015 wird die Dauerausstellung komplett überarbeitet

11.07.2013 | Stand 02.12.2020, 23:55 Uhr

Besuch in einer Schatzkammer des Schlosses: Museumsleiter Ansgar Reiß (r.) und der wissenschaftliche Mitarbeiter Tobias Schönauer (im Hintergrund) im neuen Grafikdepot. Hier lagern vorübergehend auch andere Objekte. „Eine große Erleichterung unserer Arbeit.“ - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) 2015 findet im Neuen Schloss die Landesausstellung „Napoleon in Bayern“ statt, währenddessen wird die dortige Dauerausstellung des Armeemuseums erneuert. Es gibt auch erste Sanierungspläne. In Zukunft soll das Schloss „Diskussionsforum und Schatzkammer gleichermaßen“ sein.

Auf einem Feld muss er jetzt leider die Waffen strecken: Ansgar Reiß, der Leiter des Bayerischen Armeemuseums, streicht den Plan, heuer eine Sonderausstellung zum 30. Jahrestag des Nato-Doppelbeschlusses zu realisieren. Reiß’ Ankündigung, ausgerechnet im Bayerischen Armeemuseum die Geschichte der deutschen Friedensbewegung im Schwange der atomaren Nachrüstung darzustellen, hatte bei seinem Amtsantritt für einiges Aufsehen gesorgt.

Das war 2010. Aber seitdem ist etwas Gewichtiges dazwischengekommen: 2015 eröffnet das Haus der Bayerischen Geschichte im Neuen Schloss die Landesausstellung „Napoleon in Bayern“. Das bedeutet, dass die Dauerausstellung des Bayerischen Armeemuseums vorübergehend aus dem Gebäude ausziehen muss. Reiß und seine Mitarbeiter nehmen das zum Anlass, alles gründlich zu überarbeiten und die Ausstellung ab 2016 neu, dem 21. Jahrhundert gemäß zu präsentieren. Weil der Aufwand aber immens ist, bleibt für die Historie der Friedensbewegung keine Zeit. „Doch wir werden daran arbeiten, die Gegenwart nicht aus dem Blick zu verlieren“, kündigt Reiß an.

Die 1972 eingeweihte Dauerausstellung im Schloss ist inzwischen selbst ein Stück Museumsgeschichte, teilweise sind die Texttafeln noch mit der Maschine getippt worden. „Das genügt den heutigen Ansprüchen natürlich nicht mehr“, sagt der Museumsleiter. Er hat nun vor, „Reflexionsebenen für viele Exponate“ zu schaffen, um einen Anschluss an die Gegenwart zu ermöglichen. „Denn wenn man etwa die Türkenkriege darstellt, muss man auch den heutigen Orient und den neuen Bezug der Erdogan-Türkei auf das Osmanische Reich in den Blick nehmen.“ Tobias Schönauer, wissenschaftlicher Mitarbeiter, fügt hinzu: „Wir legen auch ein Augenmerk auf die Historie unseres Hauses und seiner Exponate. Denn die Geschichte, wie ein Objekt hierhergekommen ist, kann genauso spannend sein wie das Objekt selbst.“

Im Schlossensemble muss bis zur Landesausstellung auch einiges passieren. Das Gebäude soll barrierefrei werden. Wenn alles gutgeht, beginnen die Arbeiten Anfang 2014, sagt Reiß. Die maroden Museumswerkstätten, die sich mit einer arg heruntergekommenen Ziegelmauer dem Theater zuneigen, stehen inzwischen ebenfalls auf der Sanierungsliste, einen Zeitplan gibt es aber noch nicht. Ähnlich verhält es sich mit dem Zeughaus, das ein prachtvoller Repräsentationsbau für Sonderausstellungen und Tagungen sein könnte – aber seit der frühen Neuzeit in einem Dornröschenschlaf liegt. „Das ist ein toter Raum, der nach Nutzung schreit!“, betont Reiß; doch immerhin sei das Zeughaus inzwischen im Planungsprozess des Wissenschaftsministeriums (das Schloss gehört ja dem Freistaat) angekommen. „Aber alles Weitere ist eine Frage des Haushalts und damit eine politische Entscheidung.“

Reiß und Schönauer werben euphorisch für das Projekt: „Wir brauchen das Zeughaus, um das Schloss lebendig zu gestalten, es soll gleichermaßen Diskussionsforum und Schatzkammer sein.“ Und die Stadt würde von einem repräsentativen Saal im Zeughaus auch sehr profitieren, zumal die Dürnitz des Schlosses (wegen sensibler Exponate) und der Fahnensaal (wegen des fehlenden Fluchtwegs) für Veranstaltungen ungeeignet seien.

2014 steht ebenfalls sehr Bedeutendes ins Haus: das Jubiläum „100 Jahre Ausbruch des Ersten Weltkriegs“; da führt natürlich an der Dauerausstellung zum Thema im Reduit Tilly kein Weg vorbei. Das Museum begeht das Gedenkjahr mit einem großen Programm und einigen Sonderveröffentlichungen. Von 21. bis 23. November dieses Jahres findet eine Tagung statt, die sich besonders an Lehrer richtet. Ferner gibt es vier Ausstellungen und viele Vorträge. „Das Thema Erster Weltkrieg ist in Deutschland noch nicht angekommen, weil es vom moralischen Desaster des Zweiten Weltkriegs überlagert wird“, erklärt Reiß. Sein Haus möchte dazu beitragen, das zu ändern.