Ingolstadt
Einst ging es hier in den Wienerwald

Neues Restaurant in der Harderstraße residiert in einem der ältesten Gasthäuser der Stadt

28.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:03 Uhr

In dem denkmalgeschützten Gebäude an der Harderstraße schenkte vom 17. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts der Lenzbräu aus. 1969 zog ein Wienerwald ein. Zuletzt war hier das Il Vero. - Foto: Archiv Fegert

Ingolstadt (rl/sic) Als Herrnbräu zur Eröffnung eines Lokals im ehemaligen „Lenzbräu“ an der Harderstraße lud, mussten Unkundige erst einmal heimatgeschichtliche Recherchen anstrengen, denn an das Wirtshaus dürften sich nur Schanzer über 70 erinnern; den Namen Lenzbräu gibt es schon seit den 1960er Jahren nicht mehr.

Die Generation Ü 40 kennt das Lokal an der Harderstraße noch als Wienerwald – eine der großen gastronomischen Innovationen der Vergangenheit: Die Dependance von Friedrich Jahns Brathendlimperium öffnete 1969 und hielt sich fast 30 Jahre. Nach der Renovierung des denkmalgeschützten Hauses wechselten sich die Wirte in schnellem Takt ab; zuletzt residierte hier das Lokal Il Vero.

Gestern hat an der Adresse das mexikanische Lokal Chillis eröffnet. „Lenzbräu“ ist bei Herrnbräu übrigens bis heute die interne Bezeichnung für die Wirtschaft, die seit 1882 dem Unternehmen gehört. Den wiederholten Neustart an der Harderstraße unterstützte Herrnbräu mit einigem Aufwand. Bei der Eröffnungsfeier gestern Abend boten die Herrnbräu-Geschäftsführer Gerhard Bonschab und Franz Katzenbogen den geladenen Gästen fast die ganzen Profikader des amtierenden Deutschen Eishockeymeisters, ERCI, und des Tabellenführers der zweiten Fußballbundesliga, FC 04, auf. Mannschaftsführer Marvin Matip überreichte Geschäftsführer Sevket Cetin ein FC 04-Trikot.

Für Bürgermeister Sepp Mißlbeck ist das Restaurant, dessen Konzept sich bereits an sieben weiteren Standorten in Franken bewährt habe, ein „weiteres Mosaiksteinchen in unserer Altstadt“. Die Harderstraße, die bald mehr Boulevardcharakter bekommen soll, könne wieder Treff- und Anziehungspunkt der Altstadt werden. Neben Geschäftsführer Sevket Cetin, bekannt als früherer Betreiber der Mauthbar, stand gestern auch Chillis-Gesellschafter Samo Doric im Mittelpunkt. Die Philosophie des mexikanischen Restaurants: Steaks, riesige Burger, Fajitas, scharfe Burritos, Salate und würzige Nachos – und dies auf historischem Boden.

Die Wurzeln des Lenzbräus führen bis ins Jahr 1599 zurück, schreibt Hans Fegert in seinem Standardwerk zur Geschichte des Schanzer Gasthauswesens. Im 17. Jahrhundert ist ein Besitzer namens Lorenz (bairisch abgekürzt Lenz) Schäfer belegt. Später war der Lenzbräu „abgesehen vom Kloster Gnadenthal die einzige Ingolstädter Brauerei, die das staatliche Privileg zum Brauen von Weißbier innehatte“, schreibt Fegert. Einer der Pächter des Lenzbräus hieß Anton Geier. Er führte das Wirtshaus von 1913 bis 1927. Dann kaufte er den Rappensbergerbräu gegenüber, der aber noch im selben Jahr abbrannte.